Beratung

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Beratung ist eine gesetzlich vorgeschriebene Aufgabe der Pflege

Kennzeichen von Beratung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Kennzeichen von Beratung sind

  • persönliche Beziehung zwischen Personen
  • Problem(feld), für welches eine Lösung (Ziel) gesucht wird
  • Prozessgestaltung (Struktur)
  • Kompetenz zum Sachgebiet (Sachkompetenz, Expertise, Feldkompetenz)
    • Kompetenz im Feld
    • generalisierte Kompetenz (für den Beratungsprozess (kommunikative Kompetenz))
  • institutioneller Rahmen (in welchem Beratung sich abspielt)

Hinderliche Einstellungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

welche Einstellungen sind auf seiten Beratender und Ratsuchender hinderlich ?

  • Rettungsphantasie (auf Seiten des Beraters)

Berater-Kriterien[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Welche Kriterien muss ein Berater erfüllen ?

  • Vertrauenswürdig (Diskretion, Zuwendung/Aufmerksamkeit, Anerkennung, Akzeptanz)
  • fachlich/sachliche Kompetenz
  • Sanktionsfreiheit (bzw. -armut)
  • gewisse Distanz
  • Bereitschaft zur Konfrontation (keine "Ja"-Sager)
  • Authentizität ("Echtheit", Kongruenz)
  • transparente Parteilichkeit
  • Zuversicht

Lasterliste von Berater[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • vorschnelle (!) Ratschläge, Tipps
  • "Identifikation" (das hab ich genau so erlebt) und Missbrauch für eigene Erzählungen
  • unterbrechen
  • "Besserwisserei"
  • Vergleiche ("anderen geht es viel schlechter als dir")
  • Bagatellisierung ("ach jaaaaa... alles halb so wild"), Verharmlosung
  • vorschnelles Trösten ("das wird schon wieder")
  • unterdrücken,
  • Moralisieren
  • subtil drohen
  • bevormunden
  • Vermeidung
  • Projektion

Begriffliches Verständnis[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Beratung ist ein sehr vielseitiger und unspezifischer Begriff (vgl. Koch- Straube 2003, S.2), der eine Spannweite möglicher Bedeutungsinhalte offen lässt (vgl. Engel und Sickendiek 2005, S.163). Im Alltag wird er oft mit empfehlen, informieren, unterweisen und dem Erteilen von gut gemeinten Ratschlägen gleichgesetzt. Im psychologischen, psychotherapeutischen, psychosozialen oder sozialberuflichen Bereich herrscht die Vorstellung von Beratung als reduzierte oder verkleinerte Therapie (ebd). In diesem allgemeinen Sinne war der Beratungsbegriff seit jeher auch in der Pflege präsent: informieren, Tipps geben, trösten, beruhigen und ermutigen (vgl. Koch- Straube 2003, S. 2). Doch das ist es nicht, was professionelle Beratung in der Pflege meint. Abt- Zegelin und Huneke (1999) umschrieben den Beratungsbegriff mit folgenden Kernpunkten einer allgemeinen Definition von Beratung: eine freiwillige Beziehung, die Hilfsbedürftigkeit des Klienten sowie die Professionalität des Beraters und eine zeitliche Begrenzung der Beratungsbeziehung (Abt- Zegelin und Huneke 1999, S.12).

In Abgrenzung zur Alltagsbedeutung von Rat-Geben definiert Reinhard Lay formelle Beratung als "freiwillig vereinbarte, zeitlich begrenzte und durch Gespräche geleistete Begleitung und Unterstützung bei der möglichst selbstständigen Bewältigung von schwierigen Aufgaben" (Lay 2012, S. 101).

Im Beratungskontext wird der zu Beratende als Klient bezeichnet. Im Expertenstandard Sturzprophylaxe in der Pflege des DNQP (2006, S.71) ist Beratung nach Abt- Zegelin als ein ergebnisoffener, gemeinsamer Problemlösungsprozess zu verstehen. Geht man nun vom hier dargestellten Beratungsbegriff aus, wird deutlich, dass es Abgrenzung zu den Begriffen Information oder Anleitung gibt.

Ziele und Aufgaben professioneller Beratung in der Pflege[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Prävention: hier versucht Beratung Probleme und deren Ursache vorwegzunehmen, mit ihnen umzugehen oder diesen vorzubeugen. (vgl. Engel und Sickendiek 2005, S.167). Die Prävention als wichtige Aufgabe der Beratung wird auch in den Expertenstandards formuliert.

Erhaltung, Planung und Erweiterung von Ressourcen: Individuen werden durch Beratung dabei unterstützt, aus eigenen Erfahrungen und eigener Kraft, Potentiale zu erkennen und diese weiterzuentwickeln. Hierbei nimmt Beratung eine wachstumsfördernde Rolle ein (ebd). Dies kann beispielsweise ein Ziel in der Beratung chronisch Kranker Patienten sein.

Bewältigung von Problemen: Beratung hat hier die Aufgabe, den Klienten dabei zu unterstützen, Probleme oder Störungen zu beseitigen, Defizite zu kompensieren und Schädigungen zu heilen (vgl. Engel und Sickendiek 2005, S.168). Eine Beratungssituation kann auch mehrere Ziele haben, besonders wenn der Anlass komplex ist

Beratungstheoretische Ansätze[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Es gibt keine pflegespezifischen Beratungstheorien. Vorhandene Beratungskonzepte, welche der Pflege als Vorlage oder zur Orientierung dienen können, kommen aus dem Bereich der Psychologie mit den drei großen Gruppen der Tiefenpsychologie, der Verhaltenstherapie und der Humanistischen Psychologie (vgl. Koch- Straube und Bachmann 2001, S.99/ Koch- Straube 2006, S. 10). Andere Verfahren, wie z.B. systemische Konzepte oder sozialwissenschaftliche Konzepte entwickelten sich aus dem Bereich der Sozialwissenschaften oder der sozialen Arbeit (ebd). Jedes Beratungskonzept setzt unterschiedliche Schwerpunkte in Bezug auf das Menschenbild, das Verändern von Verhalten und den Zielen von Beratung (vgl. Koch- Straube und Bachmann 2001, S.100). In den psychoanalytisch orientierten Beratungsansätzen liegt das Augenmerk auf dem Individuum mit seiner Psychodynamik und seiner Entwicklungsgeschichte. Beim klientenzentrierten Beratungsansatz stehen die Erfahrungen, die Erlebenszusammenhänge und die Entwicklung einer Person mit ihren intra- und interpsychischen Beziehungen, im Mittelpunkt. Das Umfeld des Klienten findet dabei ebenfalls Beachtung. Die verhaltenstheoretische Beratung zielt darauf ab, Bedingungen zu verändern, welche die Verhaltensschwierigkeiten aufrecht erhalten oder diese Fördern. Bei der systemischen Beratung wird davon ausgegangen, dass neben innerpsychischen Faktoren und der Wahrnehmung, auch das soziale System des Klienten eine zentrale Ursache für Probleme und Störungen ist. Ohne die hier genannten Beratungskonzepte näher auszuführen, geht aus der aktuellen pflegewissenschaftlichen Literatur hervor, dass sich diese Ansätze nur teilweise umsetzen lassen (vgl. Feldhaus- Plumin 2005, S. 641). So würde beispielsweise eine Beratung mit psychoanalytischem oder tiefenpsychologischem Ansatz den zeitlichen Rahmen sprengen und den Aufgabenumfang der Pflege überschreiten (ebd).

Die besonderen Erfordernisse der Pflege an Beratungsansätze[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Anders, als in den zuvor genannten Disziplinen, ist der Anlass für pflegerische Intervention und Beratung primär die Erkrankung und das körperliche Gebrechen eines Patienten (vgl. Koch- Straube und Bachmann 2001, S.86). Der Klient ist also ein Patient, dessen Krankheit Ursache seines Problems ist, sein Problem verstärkt (vgl. Tschudin 1990, S.13) oder ein Problem hat, welches seine Erkrankung verursacht. Beratung ist in diesem Kontext sehr situations- und problemnah, stellt aber auch große Anforderungen an den Berater. „Beratung in der Pflege e.V“ schreibt, dass sich Beratung im Prozess der Pflege immer im Spannungsfeld zwischen Gesundsein und Kranksein bewegt und Menschen dabei unterstützt, ihre veränderte Lebenssituation zu bewältigen. Laut Koch- Straube (2006, S.10) ist es wenig sinnvoll, sich einem Beratungstheoretischen Ansatz zu verschreiben, sinnvoller ist ein individuell angepasster Methodenmix.

Arten von Beratung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Pflegeberatung im Rahmen der Pflegeversicherung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Personen, die Leistungen der Pflegeversicherung erhalten, haben nach § 7a SGB XI Anspruch auf kostenfreie Beratung durch Pflegeberater der Pflegekassen. Auf Wunsch erfolgt die Pflegeberatung unter Einbeziehung von Dritten, insbesondere Angehörigen und Lebenspartnern, und in der häuslichen Umgebung oder in der Einrichtung, in der der Anspruchsberechtigte lebt. Die Pflegeberatung hat die Aufgabe,

  • den Hilfebedarf unter Berücksichtigung der Feststellungen der Begutachtung durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung systematisch zu erfassen und zu analysieren,
  • einen individuellen Versorgungsplan mit den im Einzelfall erforderlichen Sozialleistungen und gesundheitsfördernden, präventiven, kurativen, rehabilitativen oder sonstigen medizinischen sowie pflegerischen und sozialen Hilfen zu erstellen,
  • auf die für die Durchführung des Versorgungsplans erforderlichen Maßnahmen einschließlich deren Genehmigung durch den jeweiligen Leistungsträger hinzuwirken,
  • die Durchführung des Versorgungsplans zu überwachen und erforderlichenfalls einer veränderten Bedarfslage anzupassen sowie
  • bei besonders komplexen Fallgestaltungen den Hilfeprozess auszuwerten und zu dokumentieren.

Die Expertenberatung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bei der Expertenberatung handelt es sich um eine aufgabenorientierte und von dem Betreffenden nachgesuchte direktive Beratung. Der Ratsuchende hat sein Problem selbst erkannt und erwartet vom Berater / Beratungsbüro fertige Ergebnisse oder Vorschläge zur Lösung (König/ Vollmer, 2000, S.47; Fatzer 1993, S.63f, zitiert in Schneider und Poser 2005, S.394). Der Berater ist hier Pflegeexperte im fachlichen Bereich und gibt Information weiter oder klärt, mit dem Ziel der Problemlösung, auf. Dazu benötigt er auch kommunikative Kompetenzen.

Die Prozessberatung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bei der Prozessberatung soll der Ratsuchende bei der selbständigen Problemlösung unterstützt werden. Der Berater hat seine Kompetenzen im kommunikativen Bereich (Expertenstandard zur Sturzprophylaxe in der Pflege, S. 71). In der Pflegepraxis können während einer Beratungssituation beide Beratungsarten angewandt werden. Hat der Klient beispielsweise ein Komplexes Problem, welches teilweise durch Expertenwissen gelöst werden kann, er aber dennoch Unterstützung bei der Problemlösung braucht, finden beide Methoden nebeneinander statt. Ebenso, wenn sich während einer Expertenberatung andere Probleme zeigen, die einer Prozessberatung bedürfen. Umgekehrt kann sich aus einer Prozessberatung eine Expertenberatung ergeben.

Voraussetzungen für eine professionelle Beratung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Mit der Novellierung des Krankenpflegegesetzes 2004, wurde die Fähigkeit zur Beratung als Ausbildungsziel in der Gesundheits- und Krankenpflege sowie in der Altenpflege durch den Gesetzgeber festgelegt. Feldaus- Plumin (2005, S.642) konstatiert, dass Beratung als berufliche Kompetenz in der Pflege, einer expliziten und ausdifferenzierten Beschreibung ihrer Inhalte und Kriterien bedarf. In der Fort- und Weiterbildung werden verschiedene Seminare zum Erwerb von Beratungskompetenzen angeboten, einheitliche Regelungen im Bezug auf Inhalte, Dauer oder Abschlüsse gibt es nicht. Piechotta beschreibt (2006, S.215) folgende Anforderungen an einen professionellen Berater: • Sollte einen Beratungsauftrag erkennen können und diesen mit dem Klienten gemeinsam benennen • Sollte über Fachwissen bezüglich Beratungs- und Kommunikationstechniken verfügen • Sollte eine Grundhaltung haben, die von Respekt, Wertschätzung, Akzeptanz, Empathie, Offenheit und Neugier geprägt ist • Sollte aktiv zuhören können • Sollte einen hohen Grad an (Selbst)-Reflexivität haben und in der Lage zur Gegenübertragungswahrnehmung und- Analyse sein

Dazu möchte ich noch ergänzend hinzufügen, dass ein professioneller Berater in der Pflege auch über einen gewissen Fundus an pflegerischem Fachwissen im jeweiligen Tätigkeitsfeld verfügen muss. So merken Abt-Zegelin und Huneke (1999, S.12) an, dass sich die Beratungskompetenz auf die Fachkompetenz stülpen sollte. Der Berater sollte auch in der Lage sein, seinen Wissensstand zu aktualisieren, neue wissenschaftliche Erkenntnisse mit aufnehmen und diese umsetzen.

Laut Koch- Straube zeichnet sich professionelle pflegerische Beratungskompetenz darin aus, dass: • die Situation des Patienten (physisch und psychosozial) ganzheitlich wahrgenommen wird • individuelle und umfeldbezogenen Ressourcen und Entwicklungschancen erfasst und diese mit dem Patienten erörtert werden • ein gemeinsames Entwickeln von Lösungsschritten auf Grundlage von Potentialen, Wünschen, Werten und Erfahrungen stattfindet. Die Selbstbestimmung des Patienten wird dabei geachtet.

Pflegende sind dabei die Experten ihres Fachs, der Patient jedoch ist Experte seines Lebens.

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bücher:

  • Burkhart Brückner, Susan Al Akel & Ulrich Klein (2006): Verstehende Beratung alter Menschen. Orientierungshilfen für den Umgang mit Lebenskonflikten, Krisen und Notfällen. Mit Beiträgen von Klaus Dörner und Norbert Erlemeier. Roderer-Verlag (Regensburg), ISBN 3-89783-554-1
  • Andreas Bürgi, Herbert Eberhart (2004): "Beratung als strukturierter und kreativer Prozess. Ein Lehrbuch für die ressourcenorientierte Praxis", Vandenhoeck und Ruprecht (Göttingen) 2004. 274 Seiten. ISBN 3-525-46208-5
  • Ursula Koch-Straube (2001): "Beratung in der Pflege", Verlag Hans Huber, ISBN 3-456-83626-0
  • Reinhard Lay (2012): Ethik in der Pflege. Ein Lehrbuch für die Aus-, Fort- und Weiterbildung. Zweite Aufl., Schlütersche Verlagsgesellschaft, Hannover


Zeitschriften:

  • Reinhard Lay: Beratungskompetenz in der Pflege. In: Pr-InterNet für die Pflege, PflegePädagogik, Ausgabe 9/2001, S. 195-200
  • Bohlender, Carola und Kautz, Bianca (2007): Qalität spürbar machen. Pflegerische Beratung als Bestandteil des Beruflichen Selbstverständnisses. In: Pflegezeitschrift, Jg. 60., H. 4, S. 219–221
  • Engel, Frank und Sickendiek, Ursel (2005): Beratung- ein eigenständiges Handlungsfeld mit neuen Herausforderungen. In: PfleGe, Jg. 10., H. 4/2005, S. 163–171. Online verfügbar unter http://www.dg-pflegewissenschaft.de/pdf/2005.04a.pdf.
  • Feldhaus-Plumin, Erika (2005): Grundlagen in der Ausbildung legen. Beratung in der Pflege. In: Pflegezeitschrift, Fachzeitschrift für stationäre und ambulante pflege, Jg. 58., H. 10, S. 640–642.
  • Knelange, Christel und Schieron, Martin (2000): Beratung in der Pflege- als Aufgabe erkannt und professionell ausgeübt? Darstellung zweier qualitativer Studien aus stationären Bereichen der psychiatrischen und somatischen Krankenpflege. In: PfleGe, Jg. 5, H. 1, S. 4–11. Online verfügbar unter http://www.dg-pflegewissenschaft.de/pdf/PfleGe0100knelange_schieron.pdf.
  • Koch-Straube, Ursula (2006): Was versteht "Beratung in der Pflege" unter Beratung. Kurze Antwort: Eine in den Alltag integrierte leiborientierte Beratung.
  • Piechotta, Gudrun (2006): Im Mittelpunkt steht der Mensch. Pflegerische Beratung im multikulturellen Kontext. In: Pflegezeitschrift, Jg. 59., H. 4, S. 215–218
  • Altmeppen, A., Scholz-Uricher, S., von Kalckreuth, B.: "Gekonnt zur Seite stehen - Beratungsprozesse profesionell gestalten." In: Unterrichtsmaterialien für die Pflege. Raabe Verlag. Berlin 2011. http://www.raabe.de/go/Gesundheit+%26+Soziales/Pflegeausbildung/ZIP+Download+Unterrichtsmat.+f%C3%BCr+die+Pflege+-+01
  • Poser, Märle; Schneider, Kordula; Bohrer, Anne, et al. (Hrsg. 2005): Leiten, Lehren, Beraten. Fallorientiertes Lehr- und Arbeitsbuch für Pflegemanager und Pflegepädagogen. Bern: Huber (Pflegemanagement - Pflegepädagogik).
  • Zegelin-Abt, Angelika; Huneke, Michael J. (1999): Grundzüge einer systematischen Pflegeberatung. In: Die Zeitschrift für Pflegewissenschaft, www. printernet.info, H. 1, S. 11–18.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]