Charité

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Die Charité ist ein berühmtes und traditionsreiches Krankenhaus in Berlin. Das Krankenhaus wurde 1710 als Pesthaus gegründet und 1727 zu einem Militärlazarett mit Ausbildungsstätte ausgebaut. Seitdem trägt es den Namen Charité, dem französichen Wort für Nächstenliebe oder Barmherzigkeit. Nach der Gründung der Humboldt-Universität 1810 wurde die Charité zum Universitätsklinikum und zu einer bedeutenden Lehr- und Forschungsstätte. Seit 2003 ist die Charité eine gemeinsame Einrichtung der Humboldt-Universität und Freien Universität Berlin unter dem Namen Charité - Universitätsmedizin Berlin, zu der nunmehr auch das Virchow-Klinikum und das Universitätsklinikum Benjamin Franklin gehören. Damit ist die Charité das größte Universitätsklinikum Europas, in dem pro Jahr ca. 133.000 stationäre und 575.000 ambulante Patienten behandelt werden. Die 17 CharitéCentren umfassen 103 Kliniken und Institute. Die Charité ist mit 13.000 Mitarbeiter, davon über 4.000 Krankenschwestern und Pfleger, einer der größten Arbeitgeber Berlins.

Datei:Charite Berlin01.jpg
Charité Berlin


Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Gründung (1710–1795)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Als Gründungsurkunde der Charité gilt die Kabinettsorder des preußischen Königs Friedrich I. vom 14. November 1709, nach der 1710 ein als Pesthaus konzipiertes Bauwerk errichtet wurde, da der Herrscher auf eine neuerliche Epidemie vorbereitet sein wollte. Ein Ausbruch der Pest blieb aber aus, so dass das Gebäude zunächst als Armen- und Arbeitshaus sowie als Entbindungsanstalt für unehelich Schwangere diente. Es war quadratisch mit einer Seitenlänge von 48 Metern angelegt und zweistöckig. Die Angestellten des Hospitals wohnten im Erdgeschoss und die Insassen waren, nach Männern und Frauen getrennt, im Obergeschoss untergebracht.

1713 erfolgte zusätzlich die Eröffnung eines Anatomischen Theater (Theatrum anatomicum) mit Lehrsektionen, so dass das Haus zusammen mit dem 1724 gegründeten Collegium medico-chirurgicum auch zur Ausbildungsstätte von Militärärzten avancierte. Es folgten viele Erweiterungsbauten.

Vom König wurde die Einrichtung 1727 zum Hospital und Militärlazarett bestimmt und als preußische Staatskrankenanstalt unter dem Namen Charité neu eröffnet. Das Krankenhaus behielt bis 1798 seine Funktion als Armenhaus, war jetzt aber auch für die städtische Krankenversorgung und für die Ausbildung von Militärärzten zuständig. Die Leitung des gesamten Komplexes lag in den Händen eines aus drei Medizinern bestehenden Direktoren-Kollegiums.[1][2]


19. Jahrhundert und 20. Jahrhundert bis 1945[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

1795 wurde die Pépinière (zur Aus- und Weiterbildung von Militärärzten) gegründet, die 1809 die Bücherei des aufgelösten Collegium medico-chirurgicum übernahm. Rudolf Virchow und Hermann von Helmholtz waren Stipendiaten dieser Akademie. Der erste Medizinische Dekan war Christoph Wilhelm Hufeland, der 1828 die Verlegung der Medizinischen Klinik von der Ziegelstraße in die Charité durchführte, und damit zur Bildung zweier Medizinischer Kliniken beitrug.

1815 wurde Carl A. W. Berends Leiter der Charité.

Rudolf Virchow wurde 1856 zum Direktor des pathologischen Instituts berufen und konnte damit seiner Zellularpathologie zum wissenschaftlichen Durchbruch verhelfen. Der Grundsatz seiner Lehre omnis cellula e cellula revolutionierte die medizinische Wissenschaft.

Ihr höchstes Ansehen genoss die Charité zwischen 1870 und 1918. Die Berufungspolitik, nur noch verdiente Ordinarien zu berufen, führte allerdings auch zu weniger jüngeren und wissenschaftlich noch kreativen Ordinarien. So hatte beispielsweise Ferdinand Sauerbruch (1875–1951) den Zenit seiner Karriere schon überschritten, als er 1927 an die Charité kam.

In der Zeit des Nationalsozialismus wurden zahlreiche jüdische Mitarbeiter der Charité entlassen.

Standorte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Hauptsächlich verteilt sich die Charité aktuell auf vier Standorte, jeweils als Campus bezeichnet (vom lateinischen Wort für Feld, Acker, als akademischer Begriff für das Gelände einer Hochschule oder Universität und deren Einrichtungen):

  • Campus Benjamin Franklin (CBF) in Lichterfelde
  • Campus Berlin-Buch (CBB) in Buch
  • Campus Charité Mitte (CCM) in Mitte (die eigentliche Kern-Charité)
  • Campus Virchow-Klinikum (CVK) im Wedding

Die Kliniken auf dem Campus Berlin-Buch (Robert-Rössle- und Franz-Volhard-Klinik) wurden 2001 durch die Helios Kliniken übernommen, so dass die 1.200 Betten des Krankenhausbetriebs dieses Standortes nicht mehr zur Charité zählen. Die Charité beschäftigt rund 300 Mitarbeiter auf dem Campus Buch.

Die Standorte in Berlin-Mitte, -Steglitz und -Wedding bilden jeweils große Teile der medizinischen Fachgebiete ab. Es bestehen spezielle Forschungs- und Behandlungsschwerpunkte, wie zum Beispiel das Zentrum für Weltraummedizin am Campus Benjamin Franklin, das Deutsche Rheumaforschungszentrum am Campus Charité Mitte oder auch das Zentrum für Molekulare und klinische Kardiologie am Campus Berlin-Buch.

Mit zahlreichen DFG-Sonderforschungsbereichen zählt die Charité zur Spitze der wissenschaftlich-medizinischen Einrichtungen in Deutschland. Heute stammt ein Drittel aller Patente Berlins aus der Charité. Im Bereich der universitären Lehre werden derzeit elf unterschiedliche Studiengänge angeboten, so etwa Humanmedizin, Zahnmedizin und Pflegewissenschaften, aber auch Fächer wie Bio-Informatik, Medizinische Physik und International Health. Die Charité ist in den Krankenhausplan der Stadt Berlin eingebunden, nimmt aber auch überregionale Versorgungsaufgaben wahr. Sie ist heute das älteste Krankenhaus Berlins. Jährlich werden etwa 133.000 Patienten stationär und 574.000 Patienten ambulant behandelt (2009). Der Leitspruch der Einrichtung lautet „Forschen, Lehren, Heilen, Helfen“.

Die „CharitéCentren“[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Charite gliedert sich neuerdings in 17 CharitéCentren (abgekürzt CC).[3][4][5] Die CharitéCentren sind rechtlich unselbstständige Einrichtungen der Charité mit Ergebnisverantwortung. Sie werden kollegial, bestehend aus dem ärztlichen, dem kaufmännischen und dem Pflege-Leiter oder -Direktor als der CC-Leitung geführt. 13 CharitéCentren haben den Schwerpunkt auf der Krankenversorgung und 4 CharitéCentren auf Forschung und Lehre. Die CharitéCentren sind größtenteils standortübergreifend organisiert. Damit soll die Integration der Standorte gefördert werden.

  • CC 1: Human- und Gesundheitswissenschaften (ZHGB)
  • CC 2: Grundlagenmedizin (1. Studienabschnitt)
  • CC 3: Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde
  • CC 4: Therapieforschung
  • CC 5: Diagnostische und präventive Labormedizin
  • CC 6: Diagnostische und interventionelle Radiologie und Nuklearmedizin
  • CC 7: Anästhesiologie, OP-Management und Intensivmedizin
  • CC 8: Chirurgische Medizin
  • CC 9: Unfall- und Wiederherstellungschirurgie
  • CC 10: Magen-, Darm-, Nieren- und Stoffwechselmedizin
  • CC 11: Herz-, Kreislauf- und Gefäßmedizin
  • CC 12: Innere Medizin und Dermatologie (incl.: Infektiologie)
  • CC 13: Innere Medizin mit Kardiologie, Gastroenterologie, Nephrologie
  • CC 14: Tumormedizin
  • CC 15: Neurologie, Neurochirurgie und Psychiatrie
  • CC 16: Audiologie/Phoniatrie, Augen- und HNO-Heilkunde
  • CC 17: Frauen-, Kinder- und Jugendmedizin mit Perinatalzentrum und Humangenetik

Geleitet wird die Gesamt-Charité durch den Vorstand. Er hat seine Geschäftsstelle am Campus Mitte und setzt sich aus dem Vorstandsvorsitzenden, dem Dekan der Fakultät und dem Direktor des Klinikums zusammen. Dieses Leitungsgremium wird durch den Aufsichtsrat kontrolliert, dem neben dem für Hochschulen und dem für Finanzen zuständigen Mitglied des Senats von Berlin fünf vom Berliner Senat berufene externe Sachverständige sowie drei gewählte Vertreter der hauptamtlich Beschäftigten der Charité angehören.

Derzeitiger Vorstandsvorsitzender ist der Neurologe Karl Max Einhäupl, der bis dahin Ärztlicher Leiter des CharitéCentrums für Neurologie, Neurochirurgie und Psychiatrie sowie früher Vorsitzender des Wissenschaftsrates war.[6] Er löste am 2. September 2008 Detlev Ganten ab. Amtierende Dekanin ist Annette Grüters-Kieslich, Direktor des Klinikums ist Matthias Scheller.[7]

Streik der nichtärztlichen Beschäftigten an der Charité[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das in der Gewerkschaft ver.di organisierte nichtärztliche Personal der Charité streikte seit dem 2. Mai 2011 an allen drei Klinik-Standorten in der Stadt, zunächst fünf Tage. Dadurch fielen ca. 90% der Operationen aus und viele Stationen wurden geschlossen. Ein Notdienst war jedoch gewährleistet. Am 20.Mai 2011 wurde schließlich ein Verhandlungsergebnis erreicht, für dessen Annahme in einer Mitgliederbefragung 75% der Abstimmenden votierten[8].


Medizinhistorisches Museum[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Medizinhistorische Museum der Charite am Charitéplatz zeigt eine etwa 750 Objekte umfassende Sammlung kultur- und medizinhistorisch bedeutsamer pathologisch-anatomischer Feucht- und Trockenpräparate sowie Modelle und Abbildungen. Die Sammlung geht auf den Pathologen Rudolf Virchow zurück, der 1899 an gleicher Stelle ein Pathologisch-Anatomisches Museum eröffnete. Einige Präparate stammen noch aus der Zeit vor 1818 (von dem Anatom Johann Gottlieb Walter, Anatomisch-Zootomisches Museums der Berliner Universität).

Vom 6. Mai 2011 bis 8. Januar 2012 präsentiert das Museum eine Sonderausstellung mit dem Titel Who cares? Geschichte und Alltag der Krankenpflege.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Eva Brinkschulte, Thomas Knuth (Hrsg.): Das medizinische Berlin – Ein Stadtführer durch 300 Jahre Geschichte. Be.bra Verlag, Berlin 2010. ISBN 978-3-8148-0178-0.
  • Heinz David: „es soll das Haus die Charité heißen.. .“ Kontinuitäten, Brüche und Abbrüche sowie Neuanfänge in der 300-jährigen Geschichte der Medizinischen Fakultät (Charité) der Berliner Universität. 2 Bände, akademos-Verlag, 2004. ISBN 3-934410-56-1
  • Gerhard Jaeckel: „Die Charité – Die Geschichte eines Weltzentrums der Medizin von 1710 bis zu Gegenwart“, Ullstein, 1999. ISBN 3-548-33235-8
  • Roman Pletter: Die Pfadfinder. Das Management der Berliner Charité geht neue Wege. Um Geld zu sparen und dem Patienten zu nützen. In: brand eins 6/2006, S. 82 f. (PDF-Datei; 0,3 MB). Abgerufen am 13. April 2009.(nicht mehr verfügbar)
  • Sabine Schleiermacher, Udo Schagen (Hrsg.): Die Charité im Nationalsozialismus: Die Indienstnahme medizinischer Wissenschaft im Nationalsozialismus. Paderborn, 2008. 272 S. ISBN 3-506-76476-4

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. www.charite.de - Geschichte der Charité, abgerufen am 17. Mai 2011
  2. A. H. Murken: Vom Armenhospital zum Großklinikum. Die Geschichte des Krankenhauses vom 18. Jahrhundert bis zur Gegenwart. DuMont, Köln 1988, S. 21
  3. Satzung der Charité - Universitätsmedizin Berlin – Körperschaft des öffentlichen Rechts – vom 11. Februar 2010
  4. Neue Zentren der Charité ab Januar 2006, Berliner Zeitung, Meldung vom 1. Oktober 2005, abgerufen 13. September 2009
  5. Bildung der ChariteCentren kommt voran, Pressemeldung des Landes Berlin vom 30. September 2005, abgerufen 13. September 2009
  6. www.charite.de: Prof. Karl Max Einhäupl an der Spitze der Charité (eingesehen am 7. Juni 2008).
  7. Vorstand der Charité Berlin, eingesehen am 11. November 2008.
  8. http://www.tagesspiegel.de/berlin/tarifstreit-an-der-charite-beendet/4224042.html


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(Okt. 2009)