Sturzprophylaxe
Der Sturz ist ein multifaktorielles Ereignis. Das heißt, dass viele Einzelfaktoren zu einem Sturz beitragen. Man unterscheidet intrinsische (d.h.in der Person des Patienten begründete) und extrinsische (d.h. die Ursache liegen nicht in der Person selbst sondern in ihrer Umwelt begründet) Faktoren.
Intrinsische Faktoren[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
- Plötzliche Erkrankung wie Schlaganfall, Herzinfarkt
- Störungen der Körperhaltung durch Bandscheibenverschleiß, Arthrose der Knie
- Verzögerung des Balancereflexes, also die Fähigkeit, ein Stolpern abzufangen
- Plötzlicher Bewusstseinsverlust (Synkope)
- Sehstörungen (Weit-oder Kurzsichtigkeit, Verlust von 3D-Sehen etc.)
- Verwirrtheitszustände, der Patient achtet nicht auf seinen Weg
- Psychische Veränderungen, z.B. Angst, Unruhe, Depression
- Benommenheit und Unruhezustände durch Arzneimittel: Besonders bei später Einnahme von Schlaf-u. Beruhigungsmitteln wird das Arzneimittel nicht bis zum nächsten Morgen abgebaut. Die Betroffenen sind dann schläfrig benommen und deshalb besonders sturzgefährdet.
- Unkenntnis von Sturzgefahren, besonders bei Kindern bis 3 Jahre, oft auch noch später
- Sprachstörungen, Die Unfähigkeit einen Wunsch zu äußern, kann einen älteren Menschen dazu veranlassen Risiken einzugehen (alleine zur Toilette gehen)
- Das Gangbild verändert sich im Alter wesentlich. So hat eine Frau im höheren Alter eher eine schmale Stand- und Gehfläche und macht kleine Schritte. Ein Mann hingegen hat eher eine breite Stand- und Gehfläche mit schlurfendem Gang
- Medikamente: Diuretika, Hypnotika & Sedativa, Antidepressiva, Psychopharmaka, Antihypertensiva, nichtsteroidale Antirheumatika, Abführmittel.
Extrinsische Faktoren[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
- Stolperfallen:
- umherliegende Kabel,
- schlecht erkennbare Stufen,
- nasse Fußböden
- verbogene,unzureichend ausgerichtete Brillen bzw Brillengläser,
- falsche Brillenglasstärken
- Zu lange Kleidung, welche auf dem Boden schleift
- Schlecht sitzende Schuhe, die den Gang verändern und zu Gehunsicherheiten führen
- Lichtverhältnisse:
- insb. nicht ausreichendes, blendendes, Schatten werfendes Licht;
- blank gebohnerte Bodenbeläge fördern Unsicherheit und provozieren Sturzangst.
- Veränderungen im Patientenzimmer:
- Viele Menschen haben einen Plan ihrer Umgebung im Gedächtnis, nach dem sie sich orientieren und bewegen. Ältere Menschen brauchen in der Regel länger als jüngere, um sich an ein verändertes Umfeld anzupassen. Sie stolpern daher leichter über -Hindernisse, die sich vorher an einem anderen Platz befanden.
- Im Kindesalter kommen auch gewöhnliche Alltagsgegenstände als extrinsische Sturzursachen in Frage, z.B. Tische, Stühle, Fensterbänke und alles an dem Kinder hinaufklettern können.
- häufig sind unangepasste oder fehlerhafte Hilfsmittel Ursache für einen Sturz. Eine unzureichende Anleitung kann einen alternden Menschen zusätzlich verunsichern
- ungeeignetes Schuhwerk
- zu große, zu lange Kleidung.
Wichtige Maßnahmen zur Sturzprävention:[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
- Kraft- und Balancetraining durchführen (z.B. Tai Chi)
- umgebungsbedingte Sturzgefahren beseitigen bzw. kennzeichnen
- für geeignete Beleuchtungsverhältnisse sorgen ( Blendeffekte vermeiden, Lichtschalter gut errreichbar anbringen)
- Hindernisse und Stolperfallen beseitigen ( z.B. Teppiche, Netzkabel, Möbel, Türschwellen, Warnschilder beim Wischen benutzen, auf glänzende Böden verzichten)
- Haltegriffe in Bad, Toilette und Flur anbringen
- Stühle, (Pflege-)Betten, Rollstühle der Körpergröße anpassen
- geeignete Hilfsmittel bereitstellen
- nur individuell eingestellte und regelmäßig gewartete Gehhilfen (z.B.Gehstock,Rollator, orthopädisches Schuhwerk) verwenden
- Hüftprotektoren anbieten, ggf. Dusch- und Badewannenstühle, (Treppen-)Lifter als Transferhilfe und individuell angepasste Toilettenerhöhungen benutzen
- im Einzelfall auch eine Fixierung durch z.B. Bettgitter (CAVE: nur auf richterlichen Beschluss oder persönlichen Wunsch des Patienten/Bewohners!)===Medikation===
- verspätete Gabe von Diuretika vermeiden, da der verstärkte Harndrang den Patienten/Bewohner zum nächtlichen Aufstehen drängt. In Kombination mit üblicherweise zur Nacht verabreichten Hypnotika und Sedativa steigert dies die Sturzgefahr immens.
- Die Gabe von Sedativa/Hynotika durch einen Arzt überdenken lassen und mglw. beruhigende Maßnahmen ergreifen oder auf die Einschlafgewohnheiten des Patienten/Bewohners eingehen. (→ Pflegeanamnese)
Weiteres Vorgehen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
- Risikoerkennung mittels Sturzrisikoerfassungsbogen dokumentieren
- Maßnahmen entsprechend gemeinsam mit betr. Person planen
- Maßnahmen begleiten (bis zur Evalutation)
Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Bitte auch weiterlesen unter den Stichworten:
- Alterssyndrome
- Tinetti-Skala (Motilitätstest nach Tinetti)
- Up and Go-Test (zum Gangbild, Standfestigkeit)
- Pflegeanamnese
- akute Verwirrtheit
Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
- siehe auch unter Expertenstandard Sturzprophylaxe
- König, Jutta: 100 Fehler bei Stürzen im Heim und was Sie dagegen tun können. Hannover, Schlütersche, 2008, ISBN 978-3-89993-465-6
- Pierobon, Adriano/Funk, Manfred: Sturzprävention bei älteren Menschen. Thieme Verlag, Stuttgart; ISBN 978-3131437617
Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
- Ärzte im Netz: Osteoporose: Bereits ein vierwöchiges moderates Training verringert Sturzrisiko. 12. September 2008 (Türkei, n=25)
- Ulmer Studie zu Speichenbrüchen bei älteren Patienten. Vom 18.12.2008 (Speiche)
- In NRW läuft das Projekt Sturzpräventive Einrichtungen unter Federführung des DBfK seit 2008.