Intramuskulären Injektion

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Bei einer intramuskulären Injektion (i.m. Injektion) wird ein Medikament in einen Skelettmuskel injiziert. Die Wirkung des verabreichten Medikamentes tritt schneller ein als bei der subcutanen Injektion, aber langsamer im Vergleich zur intravenösen Gabe. Es kann eine Injektionslösungsmenge zwischen 0,1 und 20 ml verabreicht werden. Die intramuskuläre Injektion darf in der Regel von ausgebildetem Pflegepersonal ausgeführt werden.

Vorteile und Nachteile[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Vorteile der intramuskulären Injektion:

- Die Pharmakokinetik(Wirkeintritt, -dauer, -stärke) der Pharmaka ist gut kalkulierbar
- sie ist einfach und ohne besonderen Zugang schnell durchzuführen, was im Notfall (z.B. Hypoglykämie) wichtig ist

Die Nachteile der intramuskulären Injektion bestehen im Risiko bestimmter Komplikationen:

- Hämatomgefahr (Cave: vielfach werden im hausärztlichen Notdienst oder anderweitig ambulant Schmerzmittel o.ä. i.m. injiziert – eine Lysetherapie bei Lungenembolie oder Myokardinfarkt ist dann nicht mehr möglich)
- Abszessbildung (Spritzenabszess in Glutealregion kann bis zur Invalidität des Patienten führen)
- Nervenschädigung

Indikationen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

- Impfungen
- bestimmte Arzneimittel, wie z.B. Depotträger (Neuroleptika)
- seltener: Schmerzmittel (z.B. postoperativ)

Kontraindikationen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • keine Patienteneinwilligung (Ausnahme: richterlich angeordnete Zwangsbehandlung, Unterbringung nach UBG)

Lokalisierung/Ausmessen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Methode von Hochstetter (Musc. Gluteus medius)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Datei:Becken001.jpg
Das Becken:
2. Darmbein, 7. Oberschenkelhals

Ziel ist der volle Muskelkörper des Musculus gluteus medius. Dort soll das injizierte Medikament allmählich resorbiert werden.

Die Ventroglutaeale Injektionstechnik wird nach einem Arzt mit dem Namen von Hochstetter genannt. Heute wird bei Erwachsenen die ventroglutaeale Injektion nach Hochstetter bevorzugt, weil sie die sicherste Methode darstellt.

3 Orientierungs- und Tastpunkte müssen sicher erfasst werden, dazu befindet sich der Patient in möglichst flacher Seitelage, das obere Bein leicht angewinkelt (entspannt den betreffenden Muskel):

  • Die Spina iliaca anterior superior – Spitze des Darmbeinkamms, auch Darmbeinstachel (deutlich abfallend, vergleiche am Skelett)
  • Die Eminentia cristae iliaca anterior – wulstartige Verdickung auf der Kammhöhe (siehe auch Darmbein)
  • Der Trochanter major – Großer Rollhügel des Oberschenkel-Knochens, oberer Wulst (dort ist auf der Innenseite der Oberschenkelhals mit dem Ansatz zum Gelenkkopf in der Hüftpfanne)
  • Tastvorgang nach Hochstetter beim rechten Gesäßmuskel:
    • Der linke Zeigefinger ertastet die Spina iliaca anterior superior und verweilt dort (bei adipösen Patienten etwas schwieriger zu finden, man muß sich dann durch die Fettschicht mit etwas mehr Druck herantasten).
    • Der linke Mittelfinger wird weit abgespreizt, bis er auf dem Darmbeinkamm (E. cristae iliaca) liegt - nicht um den Kamm herumgreifen.
    • Die beiden Finger bilden eine V-Form.
    • Die Hand wird mit den gespreizten Fingern in einer kleinen Drehbewegung bauchwärts gedreht. Dabei ruht der linke Zeigefinger weiter auf dem ertasteten Punkt (= Drehachse), bis der Handballen auf dem Trochanter major abgesetzt werden kann. Diese Bewegung ist gering. Die Finger und die Hand können sich abstützen.
    • Der Injektionsort ist nun die kleine untere Spitze des V, welches Dein Zeigefinger und Dein Mittelfinger bilden.
    • Mit dem Desinfektionsmittel-Tupfer wird die Stelle sofort markiert (Tupfer wird bis unmittelbar vor dem Einstich festgehalten)
    • Beim Injizieren muss die Nadelspitze so ausgerichtet werden, dass sie senkrecht zur Hautoberfläche steht und eher (leicht) zum Kopf hin (kranial) weist.

Beim linken Gesäßmuskel: gleicher Vorgang - nur dass die andere Hand verwendet wird - also der rechte Zeigefinger auf der Spina iliaca anterior superior und der rechte Mittelfinger auf dem Darmbeinkamm ruhen.

Vorteil der Methode: Das sehr enge Injektionsgebiet ist relativ weit vom Ischiasnerv entfernt.

Sachtleben (Crista-Methode)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Die Mitte der gedachte Linie zwischen Eminentia cristae iliaca und Trochanter major bestimmen
  • Drei Querfinger unterhalb injizieren (Cave: bei Kindern bis zu einer Körpergröße von ca. 75 cm ist es nur 1 Querfinger, bis zu 125 cm sind es 2 Querfinger Abstand)

Methode nach Lanz und Wachsmuth[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Die Injektion erfolgt in den M. glutaeus medius.
  • Das Injektionsfeld wird begrenzt:
    • kranial durch die Crista iliaca
    • ventral durch die Spina iliaca anterior superior
    • dorsal durch die Spina iliaca posterior superior
    • kaudal durch eine gedachte Verbindungslinie zwischen Spina iliaca superior anterior und Spina iliaca superior posterior

Empfohlen wird das vordere und mittlere Drittel dieses halbmondförmigen Injektionsfeldes, da im hinteren Drittel die Muskelschichten relativ dünn sind. Die Stichrichtung ist nabelwärts.

Gelegentliches Problem: Auffinden der Spina iliaca superior posterior. Das Hautgrübchen, das die Position markiert, ist nicht immer gut sichtbar.

Vorteil: großes Injektionfeld

Technik des Abmessens:

I.m. Injektion in den Oberschenkel[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Das Injektionsgebiet befindet sich im mittleren Drittel der Fläche zwischen gedachter Bügelfalte und gedachter äußerer Hosennaht, dem M. vastus lateralis.
  • An der Innenseite des Oberschenkels verlaufen wichtige Nerven und Gefäße, deshalb darf man dort absolut nicht injizieren!

I.m. Injektion in den M. deltoideus[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im Bereich des oberen Oberarms befindet sich der Deltamuskel:

  • 5 cm unterhalb der Schulterhöhe mittig einstechen
  • kleine Mengen (< 2ml)

Veraltete Methode[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bei der Injektion in den Gesäßmuskel wurde früher der "obere äußere Quadrant" als Injektionsgebiet angegeben. Diese Angabe ist sehr ungenau und birgt das Risiko, den Nervus gluteus superior oder andere wichtige Strukturen zu verletzen. Deshalb sind bei intraglutealen Injektionen die Messmethoden "Hochstetter", "Sachtleben" und die v. a. in den neuen Bundesländern vertretene Methode nach Lanz-Wachsmuth als sicher anerkannt.

Geeignete Injektsorte für Impfungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Empfehlung der Ständigen Impf-Kommission (STIKO) vom 02.10.2003:

„Die Ständige Impfkommission empfiehlt grundsätzlich die Injektion in den M. deltoideus. Nur wenn dieser bei Säuglingen noch nicht genügend ausgeprägt ist, wird eine Injektion in den M. vastus lateralis empfohlen. Eine intraglutäale Impfstoffapplikation wird generell wegen der erhöhten Komplikationsraten und unsicheren Resorption und damit unsicheren Effektivität nicht mehr empfohlen.“

Material[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Datei:Material im.gif
Benötigtes Material
  • 1. Desinfektionsmittel Haut/Hände
  • 2. sterile Injektionslösung (Medikament)
  • 3. Pflaster
  • 4. Einmalkunststoffspritze
  • 5. sterile Tupfer (keimarmer Tupfer reicht in der Regel)
  • 6. Handschuhe
  • 7. "Aufziehkanüle"
  • 8. Injektionskanüle
  • 9. Abwurfbehälter (ohne Abbildung)

Durchführung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Ort: Sichtschutz?
  • Patient: Information und Einverständnis; Kleidung, die die Injektionsstelle bedeckt, entfernen; bequeme, geeignete Lagerung
  • Materialvorbereitung
  • hygienische Händedesinfektion
  • Um eine aseptische Muskelnekrose zu verhindern, zieht man das Medikament mit der "Aufziehkanüle" auf und injiziert nach Entlüftung der Spritze mit einer anderen Kanüle, die Aufziehnadel wird direkt nach dem Aufziehen in den Abwurfbehälter entsorgt
  • Injektionsort aufsuchen und inspizieren
  • Desinfektion nach Herstellerangaben (sprühen, wischen, sprühen und auftrocknen lassen; mindestens 30 Sekunden Einwirkzeit beachten)
  • Haut spannen, zügig einstechen (zum Ablenken ängstlicher Patienten: diesen husten lassen, im Augenblick des Hustenstoßes einstechen)
  • Kanüle nicht bis zum "Anschlag" einstechen, sondern ca. 1 cm "draußen" lassen und vorsichtig den Nadelanschlussadapter mit Daumen und Zeigefinger fassen! (siehe Komplikationen)
  • aspirieren:
    • kommt bei der Aspiration Blut, Injektion sofort stoppen, Kanüle entfernen, Einstichstelle komprimieren, die Injektionslösung verwerfen, mit neuem Material Injektion an anderer Stelle wiederholen
    • kommt stattdessen Luft bzw. "nichts", darf injiziert werden:
  • langsam injizieren, Patienten dabei beobachten
    • bei starkem Schmerz (Brennen) die Injektion abbrechen, mit neuem Material an anderer Stelle wiederholen
    • Kribbelgefühl? Schmerzen? Dann könnten das schmerzempfindliche Periost betroffen sein, Spritze dann geringfügig zurückziehen und injizieren (das gilt bei der Methode von Hochstetter im Gesäßmuskel)
  • Kanüle zügig herausziehen, leicht komprimieren, ggf. mit kreisenden Bewegungen Medikament verteilen
  • Kanüle sofort in mitgenommenen Container entsorgen (kein "Recapping")
  • evtl. Pflaster auf Einstichstelle fixieren
  • hygienische Händedesinfektion

Durchführungsempfehlung der STIKO bei Impfungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Zitat der STIKO aus „Epidemiologisches Bulletin – 14. Januar 2000/Nr. 2 “: „Die Injektionskanüle sollte trocken sein, insbesondere sollte Impfstoff die Kanüle außen nicht benetzen. Dies macht die Injektion schmerzhaft und kann zu Entzündungen im Bereich des Stichkanals führen. Nach Aufziehen des Impfstoffs in die Spritze und dem Entfernen evtl. vorhandener Luft sollte eine neue Kanüle für die Injektion aufgesetzt werden. Vor der Injektion muss die Impfstelle desinfiziert werden. Bei der Injektion sollte die Haut wieder trocken sein.“

Komplikationen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Bei Injektionen in den M. gluteus maximus kann durch falsche Punktionslokalisation der Ischiasnerv getroffen werden, was in der Regel einen heftigen Schmerz verursacht und Sensibilitätsstörungen oder sogar Lähmungserscheinungen auslösen kann.
  • Ein Hämatom kann aufgrund von Durchstechen kleiner Blutgefäße entstehen. Es muss beobachtet werden: In der Regel bildet es sich langsam von selbst zurück, wird es dagegen größer, ist ein Arzt zu informieren, da ein größeren Gefäß geschädigt sein könnte.
  • Eine aseptische Nekrose (spontaner Gewebetod) kann durch ein unverträgliches Medikament oder die versehentliche subcutane Injektion eines Medikamentes entstehen, dass nur für die i.m. Injektion geeignet ist. Das abgestorbene, eventuell verhärtete Gewebe wird operativ entfernt, wenn es Beschwerden verursacht.
  • Ein septischer Abszess kann durch Mißachtung der Hygienevorschriften entstehen: primär aufgrund einer verkeimten Injektionslösung (z.B. Mehrfachentnahme aus einer offenen Ampulle über einen längeren Zeitraum, lange Lagerung des aufgezogenen Medikamentes in zu warmer Umgebung); sekundär durch infizierten Stichkanal (ungenügende Desinfektion der Einstichstelle, Kontamination der Kanüle, etc.). Ein solcher Abszess kann zu einer Phlegmone werden oder auch eine Sepsis auslösen.
  • Die Injektionsnadel berührt die Knochenhaut: Sie ist stark innerviert, deshalb löst eine Reizung heftigen Schmerz aus. In diesem Fall muss die Nadel sofort zurückgezogen werden.
  • Abbrechen der Kanüle unterhalb des Konus durch Materialfehler (heutzutage äußerst selten, aber nicht ausgeschlossen): Einstichstelle evtl. sofort markieren und abgebrochene Kanüle mit sterilem Werkzeug entfernen. Prophylaxe: Immer die Kanülenlänge so wählen, dass der Konus mit einem Sicherheitsabstand von ca. 1 cm über dem Hautniveau bleibt, dann kann die Nadel auch nach einem eventuellen Abbrechen einfach und sicher entfernt werden.[1]

Ein Schmerz ähnlich einem Muskelkater (bis ca. 3 Tage nach der Injektion) ist dagegen keine Komplikation im eigentlichen Sinne und lässt sich auch bei fachgerechter Injektion nicht ausschließen.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • P. Weyrich, M. Schrauth, C. Nikendei, B. Kraus, R. Riessen, S. Zipfel: Innovative Projekte in der Lehre Universitätsklinika Tübingen – Heidelberg
  • Franz Sitzmann: Injektion und Gefäßpunktion. In: Thiemes Pflege. Das Lehrbuch für Pflegende in Ausbildung. 11. Auflage, Georg Thieme Verlag, Stuttgart 2009 ISBN 978-3-13-500011-4
  • Anke Jürgensen: "Injektionen" in: Geprüfte Schulungsmaterialien für die Pflege. Raabe Verlag. Berlin 2013. http://www.raabe.de/go/?action=ProdDetails&product_uuid=TMVTUWAL93IC84C0OKYWNWNVQMNCGANI

siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Quellen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Gabka: Injektionstechnik. 4. Auflage