Viren

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Datei:Adenovirus Kapsid 01.jpg
Modell vom Kapsid eines Adenovirus-Virions

Als Virus (Singular: das Virus, außerhalb der Fachsprache auch der Virus, Plural: Viren; von lat. virus – Gift) bezeichnet man in der Biologie einen infektiösen Partikel ohne eigenen Stoffwechsel, der genetisches Material in Form von Nukleinsäuren (RNA oder DNA) enthält. Häufig ist dieses Nukleinsäure-Genom von einer Proteinkapsel (Kapsid) umgeben, die ihrerseits wiederum von einer Lipoproteinhülle eingeschlossen sein kann. Es gibt aber auch unbehüllte Viren.

Infektion[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Viren sind obligat intrazelluläe Parasiten, da sie einen Wirtsorganismus infizieren, um seinen Stoffwechsel für ihre eigene Vermehrung zu benutzen. Gewisse Viren befallen Zellen von Menschen, Tieren oder anderen Eukaryoten. Viren, die Bakterien als Wirte nutzen, werden Bakteriophagen genannt. Eine typische Virusinfektion bei Säugetieren ist eine zyklische Allgemeininfektion oder eine Lokalinfektion an den Atemwegen oder am Darm.

Viren sind deutlich kleiner als Bakterien, jedoch etwas größer als Viroide.

Ob Viren als Lebewesen bezeichnet werden können, ist abhängig von der Definition von Leben (siehe unten: Kontroversen).

Verschiedene Virentypen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Größe von Viren liegt zwischen 10 und 350 nm. Am größten sind die Pockenviren, die man sogar unter dem Lichtmikroskop als kleine Partikel sehen kann. Sonst ist die Form von Viren nur mit dem Elektronenmikroskop sichtbar. Zum Vergleich: Tabakmosaikviren (300 nm), Bakteriophagen (200 nm), Herpesviren (200 nm), Masernviren (180 nm), Tollwutviren (180 nm), Grippeviren (100 nm), Adenoviren (90 nm), Rötelnviren (80 nm) und Polioviren (25 nm). Die Struktur der Proteinhülle, und damit die Virusart, kann u. a. durch Kristallisation und Röntgenbeugung entschlüsselt werden. Das Gewicht bei Viren der Pockenschutzimpfung beträgt nach einer Messung amerikanischer Forscher 10 Femtogramm.

Nach ihrer Erbinformation unterscheidet man zwischen DNA-Viren und RNA-Viren. Die für den Menschen sehr bedeutenden Retroviren, wie beispielsweise HIV, sind RNA-Viren. Die Erbinformation kann einzelsträngig oder doppelsträngig, segmentiert oder unsegmentiert, und linear oder zirkular sein.

Viren haben entweder eine Lipoproteinhülle oder sind hüllenlos. Das Proteinkapsid kann unterschiedliche Form haben, zum Beispiel ikosaederförmig, isometrisch, helikal, geschossförmig.

Die Lipidhülle stammt von der Wirtszelle und dient zur Tarnung vor dem Immunsystem. Umhüllte Viren sind besser geeignet, chronische oder latente Infektionen hervorzurufen (wie z. B. HIV, chronische Hepatitis B, C oder D, oder Herpes). Sie werden aber leicht deaktiviert, wenn die Hülle austrocknet oder chemisch durch Seifen (Waschmittel) oder Gallensäuren angegriffen wird. Deshalb werden umhüllte Viren meist durch Tröpfcheninfektion übertragen und infizieren dann den Atemtrakt (Lokalinfektion). Manche erzeugen von dort aus auch eine zyklische Allgemeininfektion (Kinderkrankheiten: Masern, Mumps, Röteln, Ringelröteln, Drei-Tage-Fieber, Windpocken). Manche werden sogar nur durch mehr oder weniger direkten Blutkontakt übertragen. Dabei spielt dann auch die Replikationsrate eines Virus (Viruslast), also die Zahl der Kopien pro Milliliter Blut, eine Rolle. Hepatitis B ist ein sehr stark replizierendes Virus, hier können Blutspritzer auf der scheinbar intakten Haut genügen, um durch Mikroläsionen einzudringen. HIV wird hauptsächlich durch Geschlechtsverkehr übertragen. Bei Hepatitis C dagegen ist selbst das sehr selten, es wird u. a. durch infizierte Spritzen übertragen.

Hüllenlose Viren können sehr umweltstabil sein und sowohl Austrocknung als auch Desinfektionsmittel überstehen. Hygienische Maßnahmen, wie beispielsweise Händewaschen oder Putzen, dienen hier eher dazu, möglichst viele Viren wegzuschwemmen. Teilweise lässt sich Übertragung innerhalb eines Haushalts aber kaum vermeiden. Hüllenlos Viren werden deshalb leicht als Schmierinfektion übertragen und infizieren den Darm, meist als Lokalinfektion, seltener als zyklische Allgemeininfektion (zum Beispiel Poliovirus). Sie bleiben nicht chronisch.

siehe auch: Viren (Klassifikation)

Entwicklung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Viren sind vermutlich später als andere Lebewesen (falls man Viren zu den Lebewesen zählt) entstanden, da sie auf letztere angewiesen sind. Entstehungsmechanismen lassen sich im Zusammenhang mit Plasmiden oder Transposonen verstehen. Für eine späte Entstehung spricht auch, dass Viren, die Eukaryoten befallen, das alternative Splicing der Eiweißsynthese nutzen. Dementsprechend besitzt ihr Erbgut variante Introns und Exons.

Vermehrung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im Virus selbst finden keine Stoffwechselvorgänge statt, daher braucht es Wirtszellen zur Fortpflanzung. Der Replikationszyklus eines Virus beginnt im Allgemeinen, wenn es sich an eine Wirtszelle anheftet und sein Erbmaterial ins Zellinnere bringt. Das Erbmaterial des Virus wird anschließend im Wirtsstoffwechsel mitverarbeitet, wobei sein Nukleinsäurebestandteil vervielfältigt wird und seine Proteinbestandteile anhand der Gene im Virusgenom synthetisiert werden. So können in der Zelle neue Viren gebildeten werden, die freigesetzt werden, indem entweder die Zellmembran aufgelöst wird (Zell-Lyse, lytische Virusvermehrung), oder indem sie sezerniert werden, wobei Anteile der Zellmembran als Bestandteil der Virushülle mitgenommen werden.

Eine weitere Möglichkeit ist der Einbau des Virulenten Genoms in das des Wirtes. Dies ist der Fall bei temperenten Viren, wie zum beispiel dem Phagen Lambda.

Viren und Viruskrankheiten (Auswahl)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bei Menschen können eine Vielzahl von Krankheiten durch Viren veursacht werden, u. A. durch:

Behüllte Viren:


Unbehüllte Viren:

Kontroversen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Seit einigen Jahren zieht der Virologe Stefan Lanka die Pathogenität von Viren und teilweise auch deren Existenz in Zweifel. In der Tat stammen viele Beweisführungen für die virale Pathogenität aus einer Zeit, in der keine wissenschaftlichen Publikationsmethoden und Peer Review-Mechanismen vorhanden waren. Jedoch liegen bisher keine publizierten Nachweise vor, die seine Auffassungen stützen.

Umstritten ist ein möglicher evolutionsgeschichtlicher Einfluss von Viren auf komplexe Organismen. Dieser ist in der Mikrobiologie unumstritten. Mechanistisch würde dadurch eine sprunghafte Evolution (so genannter Punktualismus), ein Gegenkonzept zum Neodarwinismus (vertreten durch Richard Dawkins), logisch erscheinen. Eine empirische Beweisführung dürfte sich allerdings schwierig gestalten. Die Diskussion wird in der wissenschaftlichen Gemeinschaft weniger eifrig geführt.

Umstritten ist auch, ob Viren Lebewesen seien oder nicht. Einerseits fehlen ihnen einige Merkmale von Leben, wie eigenständige Vermehrung (sie brauchen Wirtszellen) und eigener Stoffwechsel, andererseits zeigen sie Eigenschaften des Lebens, wie Vermehrung, Vererbung und Mutation.

Virologie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Virologie (von lateinisch virus: Gift und griechisch logos: Lehre) beschäftigt sich mit Viren, deren Eigenschaften und Vermehrung, sowie der Prävention und Behandlung von Viruserkrankungen.

Die erste bekannte Anwendung des Wissens über Viren findet sich bereits 1000 Jahre v. Chr. in China. Dort wurde der Schorf der Wunden von Pockenkranken, welche die Krankheit überlebt hatten, zu Staub gemahlen und inhaliert, um vor Pocken zu schützen (impfen). Im Jahre 1796 benutzte Edward Jenner ein ähnliches Verfahren, um den 8jährigen James Phipps gegen Pocken zu impfen.

Die moderne Virologie nutzt vor allem molekularbiologische und molekulargenetische Untersuchungsverfahren und beschäftigt sich mit der Gestalt und Größe, dem Aufbau, der chemischen Zusammensetzung und dem Nachweis von Viren, des weiteren mit ihrer Vermehrung, ihrer Übertragung und ihren krankheitsauslösenden Eigenschaften. Erforscht werden auch die Wechselwirkungen der Viren mit ihren Wirtszellen. Die Virologie versucht ferner, die Vielzahl der existierenden Viren zu klassifizieren.

Siehe auch: Virusinfektion - Virostatikum - Prion

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Stephen S. Morse, The Evolutionary Biology of Viruses (1994) ISBN 0781701198
  • Modrow, Susanne/Falke, Dietrich, Molekulare Virologie (2. Aufl. 2003) ISBN 9783827410863
  • Levine, Arnold J., Viren - Diebe, Mörder und Piraten Spektrum Akademischer Verlag Heidelberg

Belletristik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Preston, Richard HotZone - Tödliche Viren aus dem Regenwald. Ein Tatsachen-Thriller
  • Preston, Richard Cobra - Thriller
  • Preston, Richard Superpox - Tödliche Viren aus den Geheimlabors. Ein Tatsachen-Thriller

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]


Vorlage:Mikrobiologie

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