Sozialhilfe

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Der folgende Artikel bezieht sich nur auf den Bereich der Sozialhilfe, welcher für die Pflege wichtig ist.

Einführung allgemein[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Sozialhilfe in Deutschland ist eine öffentliche Sozialleistung, die im System der sozialen Sicherheit die Funktion des untersten Auffangnetzes inne hat. Sie soll den Lebensunterhalt sicherstellen. Aus dem in Art. 1 GG festgeschriebenen Schutz der Menschenwürde ergibt sich in Verbindung mit dem in Artikel 20 Abs. 1 des Grundgesetzes verfassungsrechtlich garantierten Sozialstaatsprinzip die Verpflichtung des Staates, einen Mindeststandard des menschenwürdigen Daseins sicherzustellen (auch soziokulturelles Existenzminimum genannt). Das Sozialhilferecht konkretisiert diesen Mindeststandard, aus dem sich konkrete und beim Staat einklagbare Leistungsansprüche bedürftiger Personen herleiten lassen. Das Leitprinzip des menschenwürdigen Daseins wird in § 1 Satz 1 SGB XII dem Gesetz programmatisch vorangestellt.

„Aufgabe der Sozialhilfe ist es, den Leistungsberechtigten die Führung eines Lebens zu ermöglichen, das der Würde des Menschen entspricht.“

Das Sozialhilferecht ist seit dem 1. Januar 2005 ein eigenständiges Buch des Sozialgesetzbuch XII. Seitdem teilt sich die Sozialhilfe neben dem Arbeitslosengeld II (SGB II) die Funktion der Sicherung des soziokulturellen Existenzminimums für jeweils unterschiedliche Personenkreise. Von 1961 bis 2004 war die Sozialhilfe im Bundessozialhilfegesetz (BSHG) geregelt.

Laut Art. 72 GG in Verbindung mit Art. 74 Nr. 7 GG liegt die Gesetzgebungskompetenz für das Sozialhilferecht beim Bund. Den Bundesländern obliegt die Ausführung der Sozialhilfe als eigene Angelegenheit (Art. 83 GG).

Verschiedene Hilfsarten der Sozialhilfe[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Grundsicherung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung ist eine seit dem 1. Januar 2003 in Deutschland bestehende bedarfsorientierte soziale Leistung zur Sicherstellung des Lebensunterhalts, ähnlich der Sozialhilfe. Personen, die durch Alter oder einer Erwerbsminderung auf Dauer aus dem Erwerbsleben ausgeschieden sind und ihren Lebensunterhalt nicht selbst bestreiten können, erhalten damit eine Leistung, mit der das soziokulturelle Existenzminimum gedeckt werden kann.

Der Gesetzgeber hatte zunächst ein eigenständiges Grundsicherungsgesetz (GSiG) verabschiedet, um die Gewährung von Sozialhilfe zu vermeiden (BT-Drs. 14/5150 S. 48[1]). Damit entstanden jedoch zahlreiche Probleme in der Praxis aufgrund des Nebeneinanders zweier beinahe identischer Unterhaltsleistungen (Sozialhilfe / Grundsicherung) und des möglichen Parallelbezugs z.B. bei vollstationärer Pflege. Die Integration in die Sozialhilfe ab dem 1. Januar 2005 im SGB XII führte insoweit zu einer Klärung der Rechtsanwendung, weil nun die meisten sonstigen Regelungen der Sozialhilfe auch für die Grundsicherung gelten. Allerdings kann nun in der Praxis ein erheblicher Aufwand bei der Abgrenzung der Leistungsberechtigung gegenüber der Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem SGB II bei dem Personenkreis der 18 bis 64-jährigen entstehen, weil eine Zuordnung nach dem Merkmal der "dauernden vollen Erwerbsminderung" vorzunehmen ist, welches regelmäßig eine medizinische Begutachtung (s.u.) erforderlich macht.

Der Zweck der Grundsicherung "[...]besteht darin, für alte und für dauerhaft erwerbsgeminderte Menschen eine eigenständige soziale Leistung vorzusehen, die den grundlegenden Bedarf für den Lebensunterhalt sicherstellt."(BT-Drs. 14/5150, S. 48). Sogenannter versteckter oder verschämter Altersarmut soll u.a. dadurch vorgebeugt werden, dass der Unterhaltsrückgriff auf die unterhaltspflichtigen Angehörigen erst oberhalb eines Einkommensfreibetrags in Höhe von jährlich 100.000 € erfolgt (bei Kindern jeweils einzeln, bei den Eltern gemeinschaftlich). Es besteht eine gesetzliche Vermutung, dass das Einkommen der Unterhaltspflichtigen diese Grenze nicht überschreitet (§ 43 Abs. 2 SGB XII [2]). Ein Kostenersatz durch die Erben der Leistungsempfänger ist ausgeschlossen (§ 102 Abs. 5 SGB XII [3]). Auch hierin ist die Intention des Gesetzgebers zu erkennen, der versteckten Altersarmut entgegenzuwirken.

Anders als bei der Sozialhilfe im Allgemeinen, für deren Einsetzen kein förmlicher Antrag erforderlich ist, wird Grundsicherung nur auf Antrag gewährt (§ 18 Abs. 1 SGB XII [4]). Zuständig für die Bewilligung der Grundsicherung sind die Grundsicherungsämter bei den Sozialämtern der Kreise und kreisfreien Städte. Der Antrag kann direkt beim Grundsicherungsamt oder, hilfsweise, bei den Auskunfts- und Beratungsstellen der Deutschen Rentenversicherung gestellt werden. Diese leiten den Antrag an das zuständige Grundsicherungsamt weiter.

Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung erhält, wer das 18. Lebensjahr vollendet hat und dauerhaft voll erwerbsgemindert ist im Sinne der gesetzlichen Rentenversicherung (§ 43 Abs. 2 SGB VI [5]) oder das 65. Lebensjahr vollendet hat. Dauerhaft voll erwerbsgemindert ist, wer wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit (genauer: in den nächsten neun Jahren, vergl. § 102 Abs. 2 Satz 4 SGB VI [6]) unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes unabhängig von der Arbeitsmarktlage außerstande ist, täglich mindestens drei Stunden erwerbstätig zu sein. Wer mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig sein kann, erhält bei Bedarf Grundsicherung für Arbeitssuchende nach den Vorschriften des SGB II.

Eine Beurteilung über eine dauerhafte volle Erwerbsminderung ist immer eine gutachterliche Einzelfallprüfung der medizinischen Voraussetzungen (§ 45 Abs. 1 SGB XII [7]). Der jeweilige Träger der Rentenversicherung führt das Gutachten durch. Wurde bereits ein Gutachten wegen eines Antrags auf Erwerbsminderungsrente erstellt, ist dieses Gutachten für den Träger der Grundsicherung bindend. Möglicherweise hat bereits die Bundesagentur für Arbeit bei einem vorhergehenden Antrag auf Arbeitslosengeld II eine gutachtliche Stellungnahme eingeholt, was dazu führen kann, das der Antragsteller zwei mal hintereinander im Hinblick auf die Erwerbsfähigkeit begutachtet wird.

Die Leistungen richten sich nach § 42 SGB XII und entsprechen denen der Hilfe zum Lebensunterhalt in der Sozialhilfe. Die Leistungen für den notwendigen Lebensunterhalt werden nach Regelsätzen pauschaliert bemessen. Der monatliche Regelsatz beträgt bundeseinheitlich seit dem 1. Januar 2013 382 Euro für Alleinstehende, für Paare je Partner 345 Euro. Hinzu kommen eventuelle Mehrbedarfe sowie die Unterkunftskosten.

Mehrbedarfe[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Dazu kommen die Mehrbedarfe nach § 30 SGB XII. Für den Personenkreis der Grundsicherung dürften insbesondere der Mehrbedarf bei Gehbehinderung und der Mehrbedarf bei notwendiger Krankenkost in Betracht kommen. Auch auf die einmaligen Bedarfe nach § 31 SGB XII besteht ein Anspruch, sowie auf die Übernahme der Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge nach § 32 SGB XII und auf Hilfe in Sonderfällen, z.B. bei drohendem Wohnungsverlust wegen Schulden (§ 34 SGB XII). Die Leistungen für Unterkunft und Heizung entsprechen den tatsächlichen angemessenen Kosten gemäß § 29 SGB XII. Bei weiterem besonderen Bedarf können in Einzelfällen ergänzende Darlehen erbracht werden (§ 37 SGB XII).

Anspruch ist nachrangig[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Anspruch auf Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung haben die berechtigten Personen nur, soweit der Lebensunterhalt nicht aus dem Einkommen und/oder dem Vermögen sichergestellt werden kann. Der Einkommens- und Vermögenseinsatz richtet sich nach den allgemeinen Vorschriften der Sozialhilfe, wird also nicht für die Grundsicherung modifiziert (§ 41 Abs. 2 SGB XII). Der Einkommenseinsatz richtet sich nach § 82 SGB XII und der dazu ergangenen Durchführungsverordnung. Demnach sind im Wesentlichen alle im Bedarfszeitraum monatlich zufließenden Einkünfte auf die Grundsicherung anzurechnen. Vom Einkommen sind bestimmte Beträge abzusetzen, vor allem Steuern und Sozialversicherungsbeiträge und weitere mit der Erzielung des Einkommens verbundenen Ausgaben (sog. "bereinigtes" Einkommen). Ferner ist ein Anteil von 30% des bereinigten Einkommens aus selbständiger und nichtselbständiger Tätigkeit abzusetzen, z.B. bei geringfügigen Einkünften neben dem Rentenbezug. Der Absetzungsbetrag darf die Hälfte des Eckregelsatzes, also 345 EUR /2 = 172,50 EUR nicht übersteigen (Neuregelung ab dem 1. Januar 2007). Für Beschäftigte einer Werkstatt für Behinderte gilt eine Sonderregelung zur Berechnung des Absetzungsbetrags. Der Gesetzgeber beabsichtigte, mit der Absetzungsmöglichkeit einen Anreiz für Erwerbstätigkeit und Werkstattbeschäftigung zu schaffen.

Nicht auf die Grundsicherung angerechnet werden unter anderem:

  • alle Leistungen der Sozialhilfe nach dem SGB XII, z.B. Blindengeld, Pflegegeld der Hilfe zur Pflege,
  • die Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz,
  • Renten oder Beihilfen nach dem Bundesentschädigungsgesetz,
  • Einkünfte, die aufgrund ausdrücklicher Vorschriften in anderen Gesetzen nicht auf die Grundsicherung angerechnet werden, z.B. Erziehungsgeld und vergleichbare Leistungen, Leistungen der Pflegeversicherung,
  • öffentlich-rechtliche Leistungen, die zu einem ausdrücklich genannten Zweck erbracht werden, der nicht der Sicherung des Lebensunterhalts dient (§ 83 Abs. 1 SGB XII),
  • bürgerlich-rechtliches Schmerzensgeld (§ 253 BGB) und
  • Zuwendungen der freien Wohlfahrtspflege.

Vermögensanrechnung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Vermögensanrechnung der Hilfeempfänger richtet sich nach § 90 SGB XII und der dazu ergangenen Durchführungsverordnung [1]. Im Grundsatz muss das gesamte verwertbare Vermögen eingesetzt werden, wobei zahlreiche Ausnahmen vom Gesetz definiert werden, die die Vermögensanrechnung in der Praxis sehr schwierig machen können. Kleinere Barbeträge oder sonstige Geldwerte werden bis zu einem Betrag von 2.600 EUR nicht angerechnet, für den Ehe- oder Lebenspartner bleiben zusätzlich 614 EUR anrechnungsfrei.

Wer seine Sozialhilfebedürftigkeit in den letzten zehn Jahren vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeigeführt hat, hat keinen Anspruch auf Grundsicherung (§ 41 Abs. 3 SGB XII). Die Regelung soll Leistungsmissbrauch verhindern insbesondere bei den Personen, welche versucht haben, durch Schenkungen einen Vermögenseinsatz des Sozialhilfeträgers zu verhindern. Zwar können Schenkungen zurückgefordert werden (§ 528 BGB), aber eine Rückforderung ist bei vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Herbeiführung von Bedürftigkeit ausgeschlossen (§ 529 BGB).

Wird Grundsicherung aufgrund von § 41 Abs. 4 SGB XII abgelehnt, kann dennoch ein Anspruch auf Hilfe zum Lebensunterhalt (§§ 27 ff. SGB XII) bestehen. Bei der Hilfe zum Lebensunterhalt ist jedoch ein voller Unterhaltsrückgriff auf die Angehörigen möglich, auch der Kostenersatz durch die Erben ist möglich. Ferner darf nach § 26 SGB XII die Leistung auf das "zum Lebensunterhalt Unerlässliche" gekürzt werden - in der Praxis wird eine Kürzung des Regelsatzes um 20-30% vorgenommen. Auch kann der Sozialhilfeträger einen Kostenersatz nach § 103 SGB XII geltend machen.

Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung wird in der Regel für 12 Monate bewilligt. Der Leistungsanspruch beginnt bei einer Erstbewilligung oder bei einer begünstigenden Leistungsänderung am Ersten des Monats, in dem der Antrag gestellt worden ist. Tritt eine für den Leistungsempfänger ungünstigere Änderung ein, so wirkt sich diese am Ersten des auf die Änderung folgenden Monats aus (§ 44 Abs. 1 SGB XII).

Widerspruchsmöglichkeit, Sozialgericht[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Wer glaubt, in seinen Rechten verletzt worden zu sein, kann gegen die Entscheidungen der Behörde Widerspruch einlegen (§§ 78 ff. Sozialgerichtsgesetz). Der Widerspruch ist schriftlich oder zur Niederschrift innerhalb eines Monats einzulegen. Nach Erlass des Widerspruchsbescheids kann Klage erhoben werden, sofern dem Widerspruch nicht abgeholfen wurde. Zuständig für Streitigkeiten in Angelegenheiten der Sozialhilfe sind die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit51 Abs. 1 Nr. 6a SGG).

Die Quellen dazu[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • BT-Drs. 14/5150, S. 48
  • § 43 SGB XII
  • § 102 SGB XII
  • § 18 SGB XII
  • § 43 SGB VI
  • § 102 SGB VI
  • § 45 SGB XII

Die Hilfe zur Pflege[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Hilfe zur Pflege ist eine bedarfsorientierte Sozialleistung in Deutschland zur Unterstützung pflegebedürftiger Personen, die den notwendigen Pflegeaufwand aus eigener Kraft nicht sicherstellen können. Mit der Einführung der Pflegeversicherung zum 1. Januar 1995 wurde die Hilfe zur Pflege grundlegend reformiert. Die wesentlichen Änderungen betrafen die Pflegestufen und die Leistungen, die an die Stufen und Leistungen des SGB XI angepasst wurden, sowie die weitgehende Anwendung der Verfahrensregelungen und Richtlinien der Pflegeversicherung auch auf die Hilfe zur Pflege. Für Hilfesuchende, die sich an das örtliche Sozialamt wenden, entstehen keine Fristennachteile (§ 18 Abs. 2 SGB XII [3]), denn auch der unzuständige, zuerst angegangene Sozialhilfeträger kann bzw. muss Leistungen erbringen (§ 43 Abs. 1 SGB I [4]). Zumindest müssen die bekannten Umstände dem zuständigen Träger der Sozialhilfe unverzüglich mitgeteilt werden.

Berechtigter Personenkreis[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Sofern die wirtschaftlichen Voraussetzungen zum Bezug von Sozialhilfe erfüllt sind, haben folgende Personen Anspruch auf Hilfe zur Pflege:

1.Personen, die keinen Anspruch auf Leistungen der Pflegeversicherung haben, weil sie nicht versicherungspflichtig nach §§ 20 ff. SGB XI oder aus anderen Gründen nicht gesetzlich pflegeversichert sind,

2.Personen, die aufgrund der Besonderheit im Einzelfall ihren Pflegebedarf aus vorrangigen Leistungsquellen, vor allem der Pflegeversicherung nicht vollständig decken können, z. B. wenn die Sachleistung der Pflegeversicherung voll ausgeschöpft ist und weiterer Pflegebedarf durch Angehörige besteht, denen z.B. Pflegegeld zugewendet werden soll.

3.Personen, die zwar Mitglied der Pflegeversicherung sind, jedoch nicht wenigstens der Pflegestufe I - erhebliche Pflegebedürftigkeit - zuzuordnen sind. Dies wird umgangssprachlich oft auch Pflegestufe Null genannt. Weiter die Personen, die zwar einen zeitlichen Pflegebedarf gemäß der Stufe I der Pflegeversicherung haben, die aber nicht die Voraussetzungen des § 14 Abs. 1 SGB XI [5] erfüllen, weil ihr Hilfebedarf voraussichtlich nur für weniger als sechs Monate besteht - also zu kurzzeitig anhält.

4.Pflegebedürftige - deren Hilfebedarf sich auf andere als die in § 14 Abs. 4 SGB XI genannten Verrichtungen bezieht.

Feststellung der Pflegestufe[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im § 61 Abs. 6 SGB XII ist geregelt, dass bestimmte Regelungen der Pflegeversicherung gleichfalls bei der Sozialhilfe zur Anwendung kommen. Der Gesetzgeber will damit verhindern, dass sich Sozialhilfe und Pflegeversicherung im Hinblick auf die Leistungen und die bisher auf der Ebene der Selbstverwaltung beschlossenen Richtlinien der Pflegekassen auseinander entwickeln. Somit ist die vom Medizinischen Dienst (MDK) festgestellte Pflegestufe für den Träger der Sozialhilfe unmittelbar bindend (§ 62 SGB XII). Wird die Begutachtung nicht durch den MDK, sondern durch das örtliche Gesundheitsamt durchgeführt, weil z. B. keine Mitgliedschaft in einer Pflegekasse besteht, gelten die Richtlinien der Pflegekassen auch für den Gutachter des Gesundheitsamtes.

Leistungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Aufgrund des Bedarfsdeckungsprinzips in § 9 Abs. 1 SGB XII [6] sind alle für die notwendige Pflege erforderlichen Leistungen vom Sozialhilfeträger in voller Höhe zu übernehmen, abzüglich eines eventuellen Eigenanteils aus dem Einkommen, dem Vermögen oder Mitteln eines zum Unterhalt herangezogenen Angehörigen. Welche Leistungen in welchem Umfang erforderlich sind, bestimmt der Gutachter. Vorrangige Leistungen der Pflegeversicherung und andere vorrangige Leistungen, z.B. der gesetzlichen Unfallversicherung sind auszuschöpfen. Eine Budgetierung der Leistungen wie in der Pflegeversicherung kennt die Hilfe zur Pflege nicht. Grenzen bezüglich der Höhe der Leistungen setzt jedoch § 9 Abs. 2 SGB XII (Wahl- und Wunschrecht), der Sozialhilfeträger darf Wünschen, deren Erfüllung mit unverhältnismäßigen Mehrkosten verbunden wäre, nicht entsprechen.

Beispiel: Ist die Realisierung der häuslichen ambulanten Pflege im Einzelfall deutlich teurer als die vollstationäre Pflege, darf der Sozialhilfeträger die Übernahme der Kosten insgesamt ablehnen. Eine teilweise Übernahme der ambulanten Pflegekosten bis zur angemessenen Höhe ist in der Regel nicht rechtmäßig, weil der Pflegebedarf nicht gedeckt wird und damit die Hilfe zur Pflege nicht geeignet ist, die notwendige Pflege sicherzustellen.

Hilfsmittel[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Als Hilfsmittel sind alle Pflegehilfsmittel und technischen Hilfen der Pflegeversicherung im Sinne des § 40 SGB XI zu verstehen. Wegen der Auffangfunktion der Sozialhilfe sind je nach der Besonderheit des Einzelfalles auch andere Hilfsmittel als die des Hilfsmittelverzeichnisses der Pflegeversicherung nach § 78 SGB XI zu bewilligen.

Häusliche Pflege[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Auch im Bereich der Hilfe zur Pflege gilt ein genereller Vorrang der ambulanten häuslichen Pflege vor teil- oder vollstationären Pflegeleistungen (§ 63 SGB XII), der Vorrang ambulant vor stationär ist schon für die Sozialhilfe insgesamt in § 13 Abs. 1 SGB XII formuliert.

Tätigwerden des örtlich zuständigen Sozialhilfeträgers[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Hilfe zur Pflege setzt ein, sobald dem Träger der Sozialhilfe (Sozialamt beim Kreis oder der kreisfreien Stadtgemeinde) bekannt wird, dass die Voraussetzungen für die Leistung vorliegen (§ 18 Abs. 1 SGB XII [14]). Dieses "Bekanntwerden" kann z. B. durch einen Telefonanruf durch den Betroffenen oder durch dritte Personen, z. B. Nachbarn, beim Sozialamt geschehen. Diese Regelung ist eine Besonderheit der Sozialhilfe und ermöglicht den Bürgern einen niederschwelligen Zugang zu Sozialhilfeleistungen. Der Sozialhilfeträger hat nach dem Bekanntwerden gemäß § 20 SGB X von Amts wegen den Sachverhalt zu ermitteln (Amtsermittlungsgrundsatz), wenn Anhaltspunkte für einen Bedarf an Hilfe zur Pflege vorliegen. Aus Beweisgründen empfiehlt es sich trotzdem, einen förmlichen (schriftlichen) Antrag zu stellen.

Verfahren und Rechtsmittel[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Wer glaubt, in seinen Rechten verletzt worden zu sein, kann gegen die Entscheidungen der Behörde Widerspruch einlegen (§§ 78 ff. Sozialgerichtsgesetz). Der Widerspruch ist schriftlich oder zur Niederschrift innerhalb eines Monats einzulegen. Nach Erlass des Widerspruchsbescheids kann Klage erhoben werden, sofern dem Widerspruch nicht abgeholfen wurde. Zuständig für Streitigkeiten in Angelegenheiten der Sozialhilfe - sind die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit (§ 51 Abs. 1 Nr. 6a SGG).

Grund für einen Widerspruch/eine Klage kann u. a. sein:

  • die bewilligte Pflegestufe entspricht nicht der erwarteten Pflegestufe;
  • eine beantragte Leistung wurde hinsichtlich des Umfangs oder der Art der Leistung abgelehnt;
  • der Hilfesuchende glaubt, dass seine Rechte bezüglich Verfahrens-, oder Zuständigkeitsentscheidungen der Behörde verletzt seien.

Die Beteiligten haben (nicht nur) im Widerspruchs-/Klageverfahren ein Recht auf Akteneinsicht (§ 25 SGB X), auch in die jeweiligen Pflegegutachten. Die Begutachtungsrichtlinien enthalten in Abschnitt C 2.8.3 besondere Aussagen zur Begutachtung im Widerspruchsverfahren.

Widerspruch und Klage haben in der Sozialhilfe generell keine aufschiebende Wirkung (ständige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur früheren Sozialhilfe nach dem Bundessozialhilfegesetz: Sozialhilfe ist keine rentengleiche Dauerleistung und gleichsam täglich neu regelungsbedürftig)

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Utz Krahmer: Hilfe zur Pflege nach dem SGB XII. Vincentz, Hannover.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

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