Pflegevisite

Aus PflegeWiki
Version vom 15. Februar 2022, 13:54 Uhr von Elvis.pula.nursit-institute.de (Diskussion | Beiträge) (Die Seite wurde neu angelegt: „Die '''Pflegevisite''' (lateinisch ''visitare'' = besuchen) ist im Krankenhaus oder einer Pflegeeinrichtung die Erhebung aktueller Informationen über die Pfle…“)
(Unterschied) ← Nächstältere Version | Aktuelle Version (Unterschied) | Nächstjüngere Version → (Unterschied)
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Die Pflegevisite (lateinisch visitare = besuchen) ist im Krankenhaus oder einer Pflegeeinrichtung die Erhebung aktueller Informationen über die Pflege eines Patienten oder Bewohners. Sie kann als Planungs- und Bewertungsinstrument im Rahmen des Qualitätsmanagements der professionell ausgeübten Kranken- und Altenpflege (MDK-Konzept für Qualitätsprüfungen nach §114 SGB XI / §115 SGB XI Ergebnisse von Qualitätsprüfungen) eingesetzt werden.

In Europa ist die Pflegevisite ein noch junges Instrument im Rahmen des Qualitätsmanagements. Dieses beinhaltet einen regelmäßigen oder auch anlassbezogenen Besuch der verantwortlichen Pflegekraft beim Patienten oder Bewohner. Während eines Gesprächs werden gemeinsam die Pflegeprobleme und Ressourcen, die Pflegediagnostik, die Formulierung der Pflegeziele und -maßnahmen sowie die bisher erreichten Ziele oder auch Mißerfolge der Pflege erörtert und überprüft.

Eine Pflegevisite soll nicht die Arbeit einer einzelnen Pflegekraft überprüfen, kann aber einen bewertungs- oder anleitungsorientierten Schwerpunkt setzen. Zentrales Anliegen bei Verwendung dieses Instruments (Hilfsmittel) ist es, sich über das Befinden und die Entwicklung des Bewohners Klarheit zu verschaffen. Solche Überprüfungen sollten im Rahmen der eigenen Qualitätssicherung stattfinden. In jedem Fall kann die Pflegevisite dadurch die Qualität der Pflegeplanung und Dokumentation überprüfen, ob das gewonnene Bild vom Patienten bzw. Bewohner mit der Planung und Dokumentation übereinstimmt oder ob eine Anpassung an eventuelle Veränderungen erforderlich ist.

Verschiedene Interpretationen des Begriffes[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Christian Heering definiert 2004 die Pflegevisite als (Zitat): „ein regelmäßiger Besuch bzw. ein Gespräch mit dem Bewohner über den Pflegeprozess. Sie dient der gemeinsamen Benennung der Pflegeprobleme und Ressourcen bzw. der Pflegediagnosen, der Vereinbarung von gewünschten Pflegezielen, der Art, Menge und Häufigkeit der nötigen Pflegemaßnahmen und schließlich der Überprüfung der Angemessenheit, Wirtschaftlichkeit und Wirksamkeit der Pflege.“

Nach dem MDK-Prüfkonzept zur Qualitätskontrolle nach § 115 SGB XI ist die Pflegevisite ein Planungs- und Bewertungsinstrument im Rahmen des Qualitätsmanagements der professionell ausgeübten Kranken- und Altenpflege.

Der DBfK (Deutscher Berufsverband für Pflegeberufe) bevorzugt den Begriff Pflegevisite als ein Kontrollinstrument im Rahmen der Qualitätssicherung zur Überprüfung der Umsetzung des Pflegeprozesses und der Sicherung und Weiterentwicklung der Pflegequalität. Sie soll in bestimmten Abständen und „auf der Basis von strukturierten Gesprächen und Beobachtungen“ durchgeführt werden, und zwar von „Pflegefachkräften im direkten pflegerischen Umfeld unter Mitwirkung des Klienten und ggf. seiner Angehörigen bzw. Bezugspersonen“.[1]

Entwicklung der Pflegevisite[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die ersten Artikel zur Pflegevisite erschienen in Fachzeitschriften in den 1980er Jahren. Die Autoren kommen fast ausschließlich aus dem Krankenhaus (vgl. u.a. Döpke-Paentz 1981, Lange 1982, Müller 1985) und immer ist die Pflegedienstleitung an der Pflegevisite beteiligt.

In den 1990er Jahren erlebt die Pflegevisite einen Boom. Zahlreiche Artikel erscheinen in den Fachzeitschriften. Wegbereiter für eine bewohnerorientierte Pflegevisite ist Christian Heering. Mitte der 1990er Jahre schreibt er mehrere Artikel über die Pflegevisite und veröffentlicht das erste Pflegevisitenbuch (Heering et al 1997). In seinen Publikationen steht der Bewohner im Mittelpunkt der Pflegevisite. Die Durchführung der Pflegevisite erfolgt durch die Pflegefachkräfte und gemeinsam mit dem Bewohner wird der Pflegeprozess besprochen, d.h. es werden gemeinsam Pflegeziele festgelegt und Maßnahmen geplant (vgl. Heering/Heering 1996, S. 33).

Bis Mitte der 1990er Jahre wird die Pflegevisite überwiegend im Krankenhausbereich thematisiert. Mit der Einführung der Pflegeversicherung 1995 in der ambulanten und 1996 in der stationären Pflege erlebt die Pflegevisite auch in der Altenpflege einen Aufschwung.

In den gemeinsamen Grundsätzen und Maßstäben (MDS 1995, 1996) und der MDK-Anleitung zur Prüfung der Qualität (MDS 1996, 2000, 2005, 2009) wird die Pflegevisite als ein Baustein des Pflege- bzw. Qualitätsmanagements ausgeführt.

Gründe für eine Pflegevisite[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Neben einer regelmäßig stattfindenden Routine-Pflegevisite kann eine aktuelle Beschwerde eines Bewohners/Patienten eine solche erforderlich machen. Dabei ist zu beachten, dass der Bewohner/Patient von diesem Vorhaben frühzeitig in Kenntnis gesetzt wird, damit er sich nicht "überrumpelt" fühlt und ggf. auch Angehörige dazubitten kann. Die Teilnehmerzahl sollte dabei seitens der Einrichtung möglichst nicht höher sein als auf der Bewohner-/Patientenseite. Weitere Gründe sind die Veränderung des Zustandes des Bewohners, eine mögliche Änderung der Pflegestufe oder beabsichtigte Kontrolle bestimmter Pflegekräfte seitens der Leitung in Hinblick auf die zu leistende Pflegequalität.

Vorbereitung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Voraussetzung: Grundsätzlich ist es wichtig, dass eine gute, nachvollziehbare Pflegeanamnese, Pflegeplanung und Dokumentationen vorliegen. In dieser Dokumentation muss ein Verlauf erkennbar sein.

Zunächst wird festgelegt, bei wem die Pflegevisite durchgeführt werden soll. Dabei sind einheitliche Kriterien sinnvoll, um die Ergebnisse von Pflegevisiten später vergleichen zu können. Mögliche Kriterien sind z.B. die Pflegestufe, konkrete Pflegeziele, vergangener Zeitraum seit der Aufnahme. Hier kann im Vorfeld seitens der Einrichtung und Organisation eine Regelung getroffen werden, in der die Häufigkeit von Pflegevisiten bei unterschiedlichen Pflegestufen festgelegt werden (z.B. in der Langzeitpflege Bewohner mit Pflegestufe 1 --> zweimal; mit Pflegestufe 2 und 3 --> dreimal im Jahr).

Desweiteren könnte im Vorfeld ein Protokollformular erarbeitet werden, an dem sich die Beteiligten orientieren bzw. entlang arbeiten können. Dieses sollte sich z.B. am Pflegemodell der Einrichtung bzw. Organisation (z.B. AEDL-Pflegemodell nach Krohwinkel) orientieren.

Zusätzlich zur Pflegevisite könnte auch eine Umgebungsvisite sowie eine Organisationsvisite stattfinden.

Ziele[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Mittels der Pflegevisite soll der Informationsfluss zwischen allen Beteiligten gefördert werden. Die Qualität der Pflege soll durch Erfassen von Ressourcen und Problemen, auch seitens des Patienten/Bewohners, erhöht werden. Durch die Beteiligung des Patienten/Bewohners an seinem Pflegeprozess wird die Individualität der geplanten Pflege sichergestellt, was eine Steigerung seiner Zufriedenheit bedeuten kann.

Weitere Ziele sind die Evaluation der bisherigen Pflegeplanung, die Ermittlung von Qualitätsstrategien, die Optimierung des Schnittstellenmanagements und das Erkennen oder Vermeiden von Pflegefehlern.

Teilnehmer[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In erster Linie sollte die Pflegevisite von der unmittelbar betreuenden Pflegekraft zusammen mit dem Patienten bzw. Bewohner durchgeführt werden.

Weitere Teilnehmer an einer Pflegevisite können sein:

Durchführung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einer Pflegevisite sollte eine kurze Vorbesprechung vorausgehen, bei der anhand der Pflegedokumentation der bisherige Verlauf dargestellt wird. Sinnvoll ist es außerdem, einen Themenschwerpunkt festzulegen (z.B. wenn eine Beschwerde der Grund für eine Pflegevisite ist oder eine Veränderung der Pflegestufe beantragt werden soll). Dieser Schwerpunkt kann als Gesprächseinstieg dienen, nachdem sich alle Beteiligten einander vorgestellt haben.

Die Punkte des Protokolls werden durch ein gemeinsames Gespräch mit dem Patienten/Bewohner, ggf. auch mit den Angehörigen und anderen Teilnehmern, erarbeitet. Zu betonen ist, dass es sich nur dann um eine wirkliche Pflegevisite handelt, wenn der Patient/Klient/Bewohner miteinbezogen wird. Wenn nur das Pflegevisitenprotokoll ausgefüllt wird (ohne auch nur mit dem Patienten ein Wort gesprochen zu haben), dann hat keine Pflegevisite stattgefunden.

Es sollte zudem eine Kommunikationsebene geschaffen werden, bei der auf Wünsche und Bedürfnisse des Patienten eingegangen werden kann. Dazu sollte zunächst die Sichtweise des Patienten/Bewohners gehört werden. Ziele und Maßnahmen werden gemeinsam mit ihm vereinbart. Eventuell sind Erläuterungen zur Begründung notwendig, bei denen nach Möglichkeit Fachbegriffe vermieden oder verständlich erklärt werden.

Inhalte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Befinden, Zufriedenheit und Entwicklung des Patienten erörtern (dabei kann eine Unzufriedenheit seitens des Patienten bestehen, obwohl sich sein Pflegezustand verbessert hat, und umgekehrt)
  • Evaluation des Pflegeprozesses (Sind die Pflegeziele ganz, teilweise oder gar nicht erreicht?)
  • Wie ist die Qualität der Durchführung des Pflegeprozesses einzuschätzen?
  • Brauchen die mit der Pflege betrauten Personen Unterstützung (z.B. spezielle Fortbildung)?

Nachbereitung und Dokumentation[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Nachbereitung beinhaltet das Einleiten der notwendigen Maßnahmen sowie die Dokumentation der Pflegevisite (Vermerk im Pflegebericht, der auf separates Protokoll als Anlage verweist, oder wesentliche Inhalte im Bericht erwähnen) und der daraus resultierenden Ergebnisse in Hinblick auf die Pflegeplanung. Wenn nötig, wird ein zweiter Termin vereinbart, bis zu dem die betreffende Pflegekraft sämtliche Punkte aufzuarbeiten hat.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Claus Bölicke, Christiane Panka, Susanne Ritter: DBfK-Leitfaden zur Pflegevisite. Eine Arbeitshilfe für die Praxis. DBfK Landesverband Berlin-Brandenburg e.V., 3. Aufl. 2004
  • S. Görres, I. M. Hinz, K. Reif et al.: Pflegevisite: Möglichkeiten und Grenzen. Eine empirische Untersuchung in den Bundesländern Bremen, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen und Schleswig-Holstein. In: Pflege 15:1 : 25-32 (2002).
  • Jan E. Gültekin, Anna Liebchen: Pflegevisite und Pflegeprozess. Theorie und Praxis für die stationäre und ambulante Pflege. Kohlhammer, Stuttgart. 2003. 147 S. ISBN 3-17-017882-2
  • M. Habermann, H. Biedermann: Die Pflegevisite als Instrument der Qualitätssicherung in der ambulanten Pflege. Mabuse, Frankfurt am Main. 2007. ISBN 978-3-938304-69-3 (Kurzfassung)
  • Stefanie Hellmann, Petra Kundmüller: Pflegevisite in Theorie und Praxis für die ambulante und stationäre Pflege. Checklisten für die praktische Anwendung und Schulungsunterlagen für die innerbetriebliche Fortbildung. Brigitte Kunz Verlag, Schlütersche GmbH & Co. KG, Hannover 2003
  • Christian Heering et al.: Pflegevisite und Partizipation. Ullstein Mosby, Berlin. 1997 bzw. Huber, Bern – 2. Auflage 2006. 320 S. ISBN 3-456-84301-1
  • Jürgen Hollick, Andrea Kerres: Pflegevisite. Verlag Kohlhammer, Stuttgart. 2003. 158 Seiten. ISBN 3-17-016222-5
  • Karla Kämmer: Auf Visite kommen - Die Pflegevisite ist eine Art Controlling unter Beteiligung von Pflegekräften, Bewohnern und Angehörigen. In: Altenpflege 26:8:28-30 (2001).
  • MDS e.V (Hrsg.): MDK-Anleitung zur Prüfung der Qualität nach § 80 SGB XI in der stationären Pflege / ambulanten Pflege. 2. Ausgabe. Essen (MDS e.V.) 2000.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Peter Rehder, Artikel bei "Konfliktfeld Pflege", der sich mit verschiedenen, auch kontroversen Aspekten der Pflegevisite auseinandersetzt.

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Neuer Leitfaden Pflegevisite. Auf www.dbfk.de, abgerufen am 27. Januar 2012