Präfinales Rasseln
Als präfinales Rasseln (auch: "Death rattle", "Todesrasseln") wird die geräuschvolle Atmung vor Todeseintritt bezeichnet. Bei etwa 60-90% aller Sterbenden tritt dieses Symptom auf.[1] Das Atemgeräusch entsteht durch das Vibrieren von Bronchialsekret in den unteren Atemwegen und ist daher nicht durch Absaugen zu beheben. Obwohl dieses Symptom mehrere Stunden bestehen kann und von Angehörigen oft als "schweres Atmen" empfunden wird, scheint der Sterbende keine Atemnot zu leiden, wenn er ansonsten ruhig und entspannt wirkt. Heftiges Brodeln hingegen kann ein Symptom für eine zu hohe Flüssigkeitszufuhr sein.
Unterteilung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Es gibt zwei unterschiedliche Arten der Rasselatmung (nach Bennett 1996)[2]
- Typ 1 ist vorwiegend in den letzten Stunden vor Todeseintritt zu beobachten. Der Sterbende kann seinen Speichel nicht mehr hinunter schlucken.
- Typ 2 kann über mehrere Tage hinweg bestehen und deutet auf eine vermehrte bronchiale Sekretion. Hierdurch kann eine Pneumonie begünstigt werden.
Beobachtung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Die meisten Sterbenden sind aufgrund abnehmender Kommunikationsfähigkeit und Vigilanz nicht mehr in der Lage, sich verbal zu artikulieren, so dass die Pflegenden auf die Beobachtung eventueller Signale angewiesen sind.
Anhand der Mimik des Sterbenden kann meistens festgestellt werden, ob er weitgehend beschwerdefrei ist. Ein entspannter Gesichtsausdruck ohne Stirnrunzeln oder zusammengezogenen Augenbrauen deutet daraufhin, dass es dem Patienten auch in seinem reduzierten Zustand verhältnismäßig "gut" geht. In diesem Fall kann von invasiven Maßnahmen abgesehen werden. Werden dennoch solche Maßnahmen durchgeführt, kann dies zu Abwehrreaktionen führen, die aufgrund der meist schon fortgeschrittenen Schwäche aber nicht sehr ausgeprägt sind und daher manchmal nicht als Willensbekundung wahrgenommen oder übergangen werden.
Stöhnende Geräusche werden oft als Schmerz- oder Leidensäußerung interpretiert. Das kann durchaus der Fall sein und sollte dann mit entsprechenden Gaben von Bedarfsmedikation gelindert werden. Lautieren kann aber auch noch ein Versuch des Sterbenden sein, sich zu artikulieren, daher ist auch die "Qualität" des Stöhnens oder Lautierens einzuschätzen, um angemessen darauf eingehen zu können.
Hilfreiche Maßnahmen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Flüssigkeitsreduktion[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Sinnvoll bei Rasselatmung ist die Einschränkung oder Einstellung einer künstlichen Flüssigkeitszufuhr (via PEG oder Infusion); was der Sterbende oral aufnehmen kann, ist ausreichend (oft hat er gar kein Verlangen mehr danach, dann sollte er auch nicht bedrängt werden).
Lagerung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Wenn es dem Sterbenden angenehm ist und es die Situation erlaubt, kann mit einer Oberkörperhoch- oder Seitenlagerung (30°) weitere Abhilfe geschaffen werden. Führen Lageveränderungen beim Sterbenden allerdings zu Unruhe, sollte davon Abstand genommen werden.
Medikamentöse Intervention[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Wenn der Eindruck besteht, daß der Patient unter diesem Symptom leidet, unternimmt man in der Palliativmedizin eine medikamentöse Intervention mit Scopolamin, Butylscopolaminbromid (Buscopan®) oder Glycopyrronium (Robinul®), um eine Sekretionshemmung zu erwirken. Vor allem beim Typ 1 der Rasselatmung kann mit diesen Anticholinergika eine Linderung des Symptoms erzielt werden.
Scopolamin ist in Deutschland nur in Form von Augentropfen (Boro-Scopol N®) oder als Transdermales Pflaster (Scopoderm®) erhältlich. Das Pflaster ist im akuten Fall nicht geeignet, da die Wirkung erst nach mehreren Stunden langsam eintritt. Daher wendet man die Augentropfen sublingual an, jeweils 4 Tropfen alle 4 Stunden. Butylscopolamid (Buscopan®) kann subcutan injiziert werden (20 mg als Initialdosis, dann kontinuierlich als subcutane Infusion 20-40 mg über 24 Stunden), hat aber nicht die gleiche Wirksamkeit wie Scopolamin. Über die Internationale Apotheke kann Scopolamin auch als Injektionslösung bezogen werden.
Angehörigenbetreuung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Aufgabe der betreuenden Pflegekräfte ist es in dieser Situation, die belasteten Angehörigen in ihren Ängsten Ernst zu nehmen, Sicherheit zu vermitteln und ihnen die Hintergründe zu erklären. Das "Rasseln" oder "Brodeln" ist kein Hinweis auf Ersticken, denn es ist beim Ausatmen zu hören. Man kann es eher mit dem Geräusch erklären, das entsteht, wenn mit einem Strohhalm ein kleiner Rest Flüssigkeit aus einem Becher gesaugt wird. Es kommt beim Einatmen also Luft durch die Trachea.
Die Angehörigen können nach Anleitung die Mundpflege übernehmen, die vor allem beim Einsatz von Anticholinergika sinnvoll ist, da durch diese Medikamente der Speichelfluss verringert ist. Außerdem atmen Sterbende häufig mit offenem Mund, so dass die Schleimhäute austrocknen könnten, wenn sie nicht regelmäßig befeuchtet werden. Die Mundpflege sollte allerdings zurückhaltend und vorsichtig durchgeführt werden. Sie besteht während der Sterbephase überwiegend im Anfeuchten der Mundhöhle, z.B. mittels einer kleinen Wassersprühflasche. Schließt der Sterbende bei diesen Maßnahmen aber den Mund, so sollte von weiteren Versuchen abgesehen werden. Die Durchführung jeglicher Prophylaxemaßnahmen hat in der Sterbephase grundsätzlich keine Priorität.
Absaugen?[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Ähnlich wie bei den Überlegungen zur Flüssigkeitsgabe bei Sterbenden muss auch vor dem eventuellen Absaugen reflektiert werden, wem das Absaugen helfen soll: dem Patienten oder seinen Angehörigen und den Helfern? Denn das Absaugen ist eine stark belastende Maßnahme für den Sterbenden; es ist bei der Rasselatmung zumeist ineffektiv und daher nicht empfehlenswert. Es führt oft zu verstärkter Sekretion, was wiederholtes Absaugen erforderlich macht, und kann die Schleimhaut verletzen. Außerdem wird mit dem Absaugkatheter der Ort der Sekretion nicht erreicht.
Eine Ausnahme ist eine vermehrte Sekretansammlung in den oberen Atemwegen, die auch bei einer entsprechenden Seitenlagerung nicht ausreichend abfließt und die Atmung zu verlegen droht. Wie bei der Unterscheidung zwischen Giemen bei Fremdkörper in den oberen Atemwegen und bronchialer Spastik gilt auch hier: Ein inspiratorisches Geräusch verweist auf eine extra-thorakale Ursache wie eine übermäßige Sekretion, die unter Umständen vorsichtig abgesaugt werden muss. Auf tiefes Absaugen sollte möglichst verzichtet werden.
Dagegen ist ein exspiratorisches Geräusch ein Hinweis auf eine intrathorakale Ursache, z.B. ein Lungenödem, das nur medikamentös beeinflusst werden kann, z. B. mit Furosemid. In der präfinalen Phase ist ein solcher Therapieversuch jedoch nicht angezeigt, da der Stoffwechsel nicht bzw. nicht ausreichend funktioniert. Möglicherweise, aber eher selten auftretende Zeichen von Atemnot werden mit Morphin behandelt, gegebenenfalls ergänzt um sedierende Medikamente wie Midazolam.
Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
- E. Aulbert, F. Nauck, L. Radbruch: Lehrbuch der Palliativmedizin 2. Auflage 2007, 1423 Seiten, Schattauer-Verlag, ISBN 3-7945-2361-X (Pflegelehrbuch)
- M. Kern, B. Uebach: Pflege und Begleitung Sterbender und ihrer Zugehörigen in der Finalphase. In: Zeitschrift für Palliativmedizin 3/2010, Georg Thieme Verlag
- M. Kern, E. Ostgathe: Pflege in der Terminal- und Finalphase. In: Thiemes Onkologische Pflege, Georg Thieme Verlag, Stuttgart 2008 ISBN 978-3-13-143871-3
Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
- Bettina Sandgathe Husebø, Stein Husebø: Die letzten Tage und Stunden. Palliative Care für Schwerkranke und Sterbende. Oslo 2001
- Likar et al: Klinische Untersuchung über die Wirkung von Scopolamin-Hydrobromicum beim terminalen Rasseln. 2002
- E. Rupacher: Ergebnisse von zwei Studien zur Behandlung von Todesrasseln. (Vortrag 2008)