Führungskraft

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Es hat sich viel verändert[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In Unternehmen und sozialen Organisationen spricht man heute nicht mehr von Vorgesetzten und Untergeben, sondern von Führungskräften und Mitarbeitern.

Das Thema Menschenführung ist uralt. In dem chinesischen Weisheitsbuch I GING (Buch der Wandlungen), das wahrscheinlich mehrere tausend Jahre alt ist, heißt es:

>Eine gute Führungskraft erteilt nicht nur Befehle: Sie macht sich mit den Bedürfnissen und Problemen der von Ihr Geführten vertraut und gewinnt dadurch deren Achtung und Treue.<

Aristoteles war der Auffassung, dass einige Menschen von Natur aus zum Befehlen, andere zum Dienen geschaffen wären. Schon Thomas Hobbes ("Leviathan") widersprach heftig. Die Bereitschaft, sich unterzuordnen hat seit dem Bau der Pyramiden, wo es bekanntlich streng hierarchisch zuging, stark abgenommen.


Der Herr-im-Hause-Standpunkt[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Fabrikherren des 19. Jahrhunderts waren Patriarchen. Sie forderten Strenge, wie Eltern sie von ihren Kindern verlangten. Ordnung, Pünktlichkeit, Sauberkeit und Disziplin waren Tugenden, die auch in der Erziehung und beim Militär hochgehalten wurden. Für Führungspositionen und Vertrauensstellungen bevorzugten die Fabrikbesitzer ehemalige Unteroffiziere. Befehl und Gehorsam war auch in den Fabriken das Führungsprinzip.

Fabrikherren hatten eine absolute Stellung, wie Fürsten und Könige. In dem Gefüge Herrscher - Untertan konnten sie ihren Willen durchsetzen. Daraus resultierte der Herr-im-Hause-Standpunkt, wie ihn etwa der Industrielle Friedrich Krupp 1872 vertrat. Er forderte von seinen Arbeitern Gehorsam, Dank, Treue, Fleiß und einen sittlichen Lebenswandel. Wer heiraten wollte, brauchte seine Erlaubnis. Aber er sorgte auch für seine Arbeiter: Er baute Werkswohnungen und richtete eine Krankenstube, Kantine und Pensionskasse ein.


Taylorismus[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der amerikanische Ingenieur Frederick Taylor hat Anfang des 20. Jahrhunderts das hierarchische Menschenbild zur Grundlage seiner wissenschaftlichen Betriebsführung gemacht. Taylor setzte auf Arbeitsteilung (Taylorismus). Wer tagein, tagaus dieselben Handgriffe macht, beherrscht seine Arbeit im Schlaf und schafft mehr, vor allem dann, wenn es finanzielle Anreize gibt.

Das Menschenbild, das dem Taylorismus zugrunde liegt, hat sich verändert. Ging Taylor noch davon aus, dass man die meisten Menschen zur Arbeit antreiben müsse und nur durch Geld zu höheren Leistungen motivieren könne, setzen viele Unternehmen heute auf Mitarbeiter, die selbständig arbeiten, Verantwortung übernehmen und ihre Fähigkeiten entfalten wollen.

Das ursprüngliche Menschenbild des Taylorismus hat sich lange gehalten. Die Japaner sind zuerst darauf gekommen, dass die Ressource Mensch als Produktionsfaktor noch lange nicht ausgeschöpft ist und sich daraus ungeahnte Rationalisierungsreserven ergeben. Die Firma Toyota führte als erster Autohersteller die Gruppenarbeit ein (Teamwork). Die Firmen profitierten schließlich davon, dass ihre Arbeiter bereit waren, nicht nur ihre Arbeitskraft der Firma zur Verfügung zu stellen, sondern auch ihren Kopf und ihre Ideenkraft.

Kooperativ führen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der kooperative Führungsstil'' ist heute noch Bestandteil fast jeder Unternehmenskultur. Was heißt kooperativ führen konkret? Worin unterscheidet sich dieser Stil von autoritären oder patriachalischen Führungskonzepten?

In deutschen Unternehmen hat sich in den sechziger Jahren das so genannte Harzburger Modell durchgesetzt: Führen im Mitarbeiterverhältnis, Delegation von Verantwortung waren die Schlagworte. Man verstand darunter, dass die Mitarbeiter möglichst selbständig ihre Aufgaben erledigen und dafür auch die Verantwortung tragen sollten. Der Vorgesetzte sollte allerdings diese Arbeit mit einem ausgeklügelten Kontrollsystem überwachen.

Die Organisation ist beim Harzburger Modell stark hierarchisch geprägt, die Stab-Linien-Organisation wurde dem Militär abgeschaut und folgt dem Prinzip „Zuckerbrot und Peitsche“. Ein Kerngedanke allerdings hat sich als richtig herausgestellt und gilt auch heute noch: Die Delegation der Entscheidungsbefugnis und der damit verbundenen/verteilten Verantwortlichkeiten.

Kooperativ führen heißt heute, die Mitarbeiter in den Entscheidungsprozess einzubeziehen, ihnen Freiräume zu gewähren und Verantwortung zu übertragen Dazu gehört auch, sie mit den Vollmachten auszustatten, die sie für ihre Arbeit brauchen. Nicht nur deutsche Unternehmen haben erkannt, dass diese Art von Führung zu mehr Engagement führt. Gelegentlich ist auch die Rede vom partizipativen, partnerschaftlichen oder demokratischen Führungsstil. Im Grunde ist damit das gleiche gemeint, nur die Akzente werden unterschiedlich gesetzt.

Bei den partnerschaftlichen Modellen wird etwa auch Wert auf eine Beteiligung am Kapital oder Gewinn des Unternehmens gelegt.

Vorbild Chef?[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Man liest es in Fachzeitschriften, Büchern und in Führungsgrundsätzen: Die Führungskraft müsse Vorbild sein. Im Führungsleitbild bei BMW heißt es:

>Führungskräfte sind Vorbild und erarbeiten sich Anerkennung durch ihre Integrität und Glaubwürdigkeit. Sie setzen hohe Standards und lassen sich selbst daran messen.<

Schaut her, was ich für ein toller Chef bin! Für meine vorbildliche Leistung möchte ich belohnt und bewundert werden. Ist es das, was ein Vorbild ausmacht? Muss eine Führungskraft mehr wissen und mehr können als seine Mitarbeiter? Bei Vorbild denkt man weniger an die fachliche Kompetenz. Man meint eher die Persönlichkeit, die am Nachthimmel leuchtet und Orientierung gibt. Man denkt an charismatische Führer-Figuren mit Charakterkopf, redlich und integer. Man denkt an starke Persönlichkeiten, die moralisch über jeden Zweifel erhaben sind.

Das hört sich an, als wären Verkäufer, Einkäufer, Mechaniker oder Krankenpfleger weniger integer oder gar moralisch gefährdet. Oder stellen wir uns vor, dass alle Mitarbeiter in sich ruhende Persönlichkeiten sein müssen, die nichts aus der Bahn werfen kann?

Die Zeit der Vorbilder für erwachsene, selbstbewusste Menschen ist vorbei. Mitarbeiter brauchen Chefs zum Anfassen, die nicht alles, was man sagt, auf die Goldwaage legen, Fehler nicht dramatisieren und eine persönliche Schuldzuweisung daraus machen oder als Charakterschwäche auslegen.

Ich würde mich als Führungskraft davor fürchten, ein Vorbild zu sein. Bei jedem Fehler oder Missgeschick müsste ich das moralische Urteil fürchten wie das Fallbeil und mich fragen: Wie kann ich das denen erklären, die mich als ihr Vorbild betrachten, wie kann ich mit dieser Schuld weiterleben?

Kinder brauchen Vorbilder, erwachsene Mitarbeiter nicht.


Die richtigen Dinge tun[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Führungskraft heute müsse effektiv sein, meint der Management-Berater Peter Drucker. Was meint er damit? Die Aufgabe einer Führungskraft ist es, die wichtigen Dinge zu tun. Manager planen, organisieren, integrieren, entscheiden, geben Impulse. Wirksame Manager unterscheiden sich in Temperament und Fähigkeiten in dem Maße, wie andere Menschen sich auch unterscheiden. Aber sie verbindet die Fähigkeit, die richtigen Dinge zu tun:

  • Effektiv arbeitende Führungskräfte wissen, wo ihre Zeit bleibt. Sie arbeiten systematisch und setzen ihre Zeit so wirtschaftlich wie möglich ein.
  • Sie konzentrieren sich auf einen Beitrag nach außen. Sie richten ihre Anstrengungen mehr auf die Ergebnisse als auf die Tätigkeit an sich. Sie stellen sich die Frage: Was für Resultate werden von mir erwartet?
  • Sie stützen sich auf die positiven Kräfte, auf ihre eigenen, die ihrer Vorgesetzten und Mitarbeiter und auf die positiven Seiten der Situation, d.h. auf das, was man daraus machen kann.
  • Sie konzentrieren sich auf die wenigen wichtigen Gebiete, auf denen Leistungen ungewöhnliche Ergebnisse bringen können. Sie setzen Prioritäten und halten sich daran. Sie wissen, dass ihnen nur die Wahl bleibt, erstrangige Dinge zu tun und zweitrangige überhaupt nicht.
  • Effektive Führungskräfte treffen effektive Entscheidungen. Sie wissen, dass man das System braucht, um die richtigen Schritte in der richtigen Reihenfolge zu machen. Sie wissen, dass eine wirkungsvolle Entscheidung immer ein Urteil auf der Basis gegensätzlicher Meinungen ist und nicht auf einer Übereinstimmung der Tatsachen beruhen kann.


Führen aus der Mitte heraus: Von den Wölfen lernen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Wolfsforscher Günther Bloch und Peter Dettling (Auge in Auge mit dem Wolf, Stuttgart 2009) waren in einem Zeitraum von zwanzig Jahren im Bauff-Nationalpark, in den kanadischen Rocky Mountains unterwegs und haben Timber-Wölfe beobachtet. Die Wölfe leben in Rudel von sechs bis acht Tieren.

Eine klare Hierarchie (Alpha-Wölfe, Alpha-Weibchen, Beta-Wölfe) - wie man früher annahm - konnten die Forscher nicht feststellen: Dominante Wölfe fressen nicht immer als erste an der erlegten Beute. Sie überließen Jüngeren und untergeordneten Mitgliedern des Rudels den Vortritt.

Die Wölfe zeigen Gefühle wie Freude, Kummer, Leid, Trauer, aber auch uneigennützliches Verhalten. Verletzte Tiere wurden niemals im Stich gelassen, sondern von ihren Familienmitgliedern unterstützt, auch bei der Nahrungsbeschaffung.

Sozialverhalten

Alphatiere bestehen nicht zwangsläufig auf Distanz zu rangniederen Tieren. Es gibt kein genormtes Sozialverhalten bei Wölfen. Frei lebende Wölfe bilden individualistische Familienverbände. Das sind anpassungsfähige Zweckgemeinschaften und, nur ökonomisch betrachtet, für jedes Mitglied von Nutzen.

Bei Alpha-Tieren handelt es sich um erfahrene Eltern, um brillante Teamchefs. Sie geben sozialen Halt, sorgen für Sicherheit und erteilen ihren Jungen bis zur Selbständigkeit praktischen Lebensunterricht. Alt und jung verhalten sich kooperativ, zeigen Gemeinsinn und pflegen freundliche Rituale. Der Leitwolf zeigt ein Führungsverhalten, das auf die Menschenführung in Unternehmen übertragbar ist.

Die Wolfsfamilie ist das Team. Wenn eine Wolfsfamilie ein Elternteil verliert, wandern die zurückgebliebenen Mitglieder ratlos umher, bis die vakante Alphaposition durch einen gestandenen Neuankömmling wieder besetzt werden kann.

Die Forscher haben herausgefunden, dass Fairness das Verhalten der Wölfe bestimmt. Die Welpen lernen Fairness beim Spielen, denn sie hilft den Tieren in ihrer sozialen Umgebung zu überleben. Spielende Welpen verhalten sich ungestüm und respektlos gegenüber den Alten und den Rudelführern. Man lässt sie gewähren, auch wenn sie sich auf Kosten der Alten vergnügen oder sie körperlich traktieren. Die Alten könnten sie zur Ordnung rufen, tun das aber nicht. Kinder beißt man nicht.

Die soziale Kompetenz von Wolfseltern beruht auf Wissen, Erfahrung und Verzicht auf die Rechte des Ranghöheren. Es geht letztlich nur um das Überleben und die Fortpflanzung der eigenen Gene. Um dies zu erreichen, muss sich der Wolf mit seinen Rudelmitgliedern arrangieren. Wölfe verhalten sich kooperativ.

Kommunikative Verhaltensweisen äußern sich im Schnappen, Beißen, Gesicht lecken, Körper gegen den Partner drängen. Die häufigsten sozialen Verhaltensweisen sind Schnauzenkontakt und Fellkontakt. Es kommt zu einem Informationsaustausch über den Geruch, durch Schnuppern. Die meisten Kontakte hatten die ranghohen Erwachsenen und die Welpen. Die gegenseitige Berührung dient dem Zusammenhalt des Rudels.

Ein Alpha-Wolf führt sein Rudel als anerkannte Autorität. Er besitzt eine hohe soziale Kompetenz und führt sein Rudel aus der Mitte heraus. Er ist souverän und verhält sich zu seinem Rudel tolerant, beschützt es und sorgt dafür, dass es allen gut geht. Gehorsam spielt dabei keine Rolle. Die Rudelmitglieder folgen ihnen freiwillig.

Ein Modell für Familienunternehmen und Pflegeteams?

Führung heute: Es gibt keine Patentrezepte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Führungskräfte müssen Impulse geben, Veränderungen einleiten, die Mitarbeiter bei ihrer Arbeit unterstützen und sie in ihrer Entwicklung fördern. Sie müssen Konflikte fair lösen und die Probleme in Teamarbeit bewältigen. Führungskräfte gehören selbst zum Team, sie sind ein Teil der Gruppe. Sie müssen deshalb fähig sein, zu koordinieren, ausgleichend zu wirken und menschliche Nähe und Vertrauen herzustellen. Dazu gehört Empathie, offen zu sein für Kritik und eigene Fehler einzugestehen.


Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Peter Drucker: Was ist Management? Econ, 2002. ISBN 978-3-430-12239-9
  • Karl-Heinz List: Praxisbuch Personalmanagement in der Pflege. Medizinisch Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft Berlin, 2010. ISBN 978-3-941468-21-4 (Leseprobe hier, PDF-Datei)
  • Fredmund Malik: Führen, Leisten, Leben. Campus, 2006. ISBN 978-3-593-38231-9

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]