Funktionspflege
Der Funktionspflege liegt eine hierarchisch-zentralistische Arbeitsweise zugrunde, die sich vor allem am Betriebsablauf der Organisation orientiert. Komplexe Pflegeprozesse werden in Einzeltätigkeiten zerlegt und auf einzelne Mitarbeiter verteilt. Jeder Mitarbeiter hat bestimmte Funktionen inne, welche er während der Arbeitszeit erfüllt. Bestimmte Pflegehandlungen werden dann nacheinander bei jedem Pflegebedürftigen durchgeführt.
Auf diese Weise wird sichergestellt, dass alle Bereiche der Pflege abgedeckt werden. Die genaue Planung der Pflegeabläufe, des Personalaufwandes sowie deren Koordination fordert aber ein hohes Maß an Einsatz von der Stations- bzw. Schichtleitung, die die anfallenden Aufgaben delegiert. Die Tätigkeiten werden abgestuft nach Schwierigkeitsgraden verteilt und von den Mitarbeitern übernommen, die dafür qualifiziert sind.
So machen beispielsweise Pflegehilfskräfte oder Pflegeassistenten die Betten, helfen bei der Körperpflege und erledigen Desinfektionsarbeiten, Servicekräfte verteilen das Essen und füllen die Vorräte auf, Auszubildende messen bei allen Patienten die Vitalwerte und assistieren bei verschiedenen Pflegemaßnahmen, Pflegefachkräfte übernehmen die Behandlungspflege und die Versorgung mit Medikamenten.
Die Funktionspflege findet auch heute noch Anwendung, vor allem bei Personalknappheit, im Wochenenddienst und in kleineren Pflegeeinrichtungen.
Sie steht im Gegensatz zur Bereichs- oder Bezugspflege, welche sich mehr an den Patientenbedürfnissen orientieren.
Vorteile[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
- Die festen Pflegestrukturen und klaren Zuständigkeiten wirken sich produktiv auf den Arbeitsablauf aus:
Mitarbeiter erlangen durch die stetige Wiederholung ihrer Tätigkeiten Routine und dadurch eine hohe Effektivität bei den jeweiligen Aufgaben. Die Abläufe sind immer gleich. Der Alltag der Pflegebedürftigen und des Pflegepersonals verläuft dadurch sehr strukturiert.
- Es fallen geringere Kosten an, weil weniger Fachpersonal benötigt wird. Neue Mitarbeiter oder Auszubildende können schneller eingesetzt werden, da sie nur in bestimmte Tätigkeiten eingewiesen werden müssen.
Nachteile[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
- Die Mitarbeiter konzentrieren sich auf die Bewältigung der jeweiligen Aufgabe. Die Wahrnehmung des individuellen Patienten und der Blick auf sein Umfeld geht verloren. Der Patient steht nicht mehr im Mittelpunkt des Pflegeprozesses, sondern wird zum Objekt, an dem pflegerische Maßnahmen vorgenommen werden.
- Der Patient hat zwar häufigen Kontakt zum Personal, doch sind es ständig wechselnde Personen, die er womöglich immer wieder neu informieren muss. Umgekehrt erhält er bei Fragen kaum vollständige oder sehr unterschiedliche Informationen.
- Arbeitsabläufe werden monoton. Der Zusammenhang der einzeln erbrachten Pflegeleistung mit der Gesamtentwicklung des Patienten ist für den Pflegenden nicht immer erkennbar, da er an Pflegeplanung und Evaluation nicht oder nur ansatzweise beteiligt ist.
- Echte Teamarbeit kommt nicht zustande, bestehende Hierarchien verfestigen sich durch die Einteilung in "höher"- und "minderwertige" Arbeiten. Fachkräfte werden auf Dauer unterfordert, bilden sich nicht mehr fort und verlernen womöglich sogar ihre Kenntnisse in anderen Tätigkeitsbereichen. Auszubildende und aufstrebende Hilfskräfte werden nicht entsprechend ihrer Fähigkeiten gefördert. Die Motivation sinkt.
- Aufgrund der pflegerischen Aufgabenverteilung kann es dazu kommen, dass Pflegemaßnahmen mehrfach dokumentiert werden. Auf der anderen Seite ist kein kontinuierlicher Informationsfluss gegeben. Den Überblick über sämtliche Informationen erhält fast ausschließlich die Stationsleitung, in deren Ermessen es liegt, diese an einzelne Mitarbeiter weiterzugeben.
Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
- Th. Elkeles, B. Bromberger, H. Mausbach, K.-D. Thomann: Arbeitsorganisation in der Krankenpflege: Zur Kritik der Funktionspflege. Mabuse-Verlag, Frankfurt/Main 1990 ISBN 3-925499-41-5
- B. Hein: Pflege im Gesundheitswesen. Pflegeorganisationssysteme. In: Pflege Heute. Urban & Fischer, München 2011
- E. Hokenbecker-Belke: Der Pflegeprozess. Pflegesysteme. In: S. Schewior-Popp, F. Sitzmann, L. Ullrich (Hrsg.): Thiemes Pflege, 11. Auflage 2009, Georg Thieme Verlag Stuttgart ISBN 978-3-13-500011-4