Plasmozytom

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Das Plasmozytom (auch Morbus Kahler, Multiples Myelom) ist eine Erkrankung, in der ein bestimmter Teil der Leukozyten (weiße Blutkörperchen) krankhaft verändert ist.

Die Leukozyten unterteilen sich in Monozyten, Granulozyten sowie B- und T-Lymphozyten. Während ihres Reifeprozess im Knochenmark entsteht aus den B-Lymphozyten sogenannte Plasmazellen. Unter Einfluss der T-Lymphozyten entwickeln sich aus diesen Plasmazellen Antikörper gegen Erreger wie z.B. Viren, Bakterien und Pilzen.

Beim Plasmozytom ist die Produktion gestört, so dass die Plasmazellen keine Antikörper bilden können. Man spricht hierbei von Myelomzellen. Diese Myelomzellen verdrängen nach und nach die Plasmazellen im Knochenmark. Es kommt zu einer Störung des Immunsystems und somit zu einer erhöhten Anfälligkeit gegenüber Infektionskrankheiten.

  • monoklonales Wachstum von immunglobulinproduzierender Zellen (Ig-M, Ig-G, Ig-D)

der B-Zell-Reihe

  • gehört zur Gruppe der lymphoproliferativen Erkrankungen und ist den NHL zuzuordnen
  • häufigster Tumor unter den lymphoproliferativen Erkrankungen der B-Zell-Reihe mit 42%
  • Histologie: monoklonaler B-Lymphozyten-Tumor mit diffuser oder multilokulärer Infiltration des Knochenmarks durch maligne Plasmazellen
  • Ursachen sind weitgehend unklar; Risiko durch ionisierende Strahlung erhöht; diskutiert wird die permanente Stimulation der B-Zellen durch chronische Infekte
  • auch lassen sich wie bei anderen NHL chromosomale Veränderungen bei etwa 30 – 40% der Plasmozytompatienten nachweisen (z. B. 13q-)
  • typisch ist eine sehr langsame Tumorverdopplungszeit (4-6 Monate) nach klinischer Manifestation im Vergleich mit der Generationszeit von Plasmazellen (< 72 Stunden)
  • klinisch diagnostizierbar erst ab einer Größe von 1010 bis 5 x 1011 Zellen, dann sind jedoch schon mehr als zwei Drittel der gesamten Wachstumszeit verstrichen
  • 68% der Plasmozytome haben eine monoklonale IgG- (23%), IgA- (0,7%) eine IgD- 0,02% eine IgE- Gammopathie
  • Bence-Jones-Plasmozytome, etwa 7%, bilden nur Bence-Jones-Proteine
  • besondere Bedeutung der Diagnostik des Bence-Jones-Proteins, eine Bence-Jones-Proteinurie tritt bei 40 – 60% der Plasmozytompatienten auf, diese haben eine schlechtere Prognose
  • auch die Eiweißelektrophorese und die damit verbundene Vermehrung des Gesamteiweißes im Blut, es kommt zu einer Zuname der Viskosität; Gefahr des Hyperviskositätssyndrom
  • Ablagerung der Immunglobuline in unterschiedlichen Organen und Geweben aufgrund der enormen Immunglobulinvermehrung (= Amyloidose)
  • charakteristisch sind Proteinurie und Nierenfunktionsstörungen bis hin zur Niereninsuffizienz (50% der Patienten)
  • die pathologischen Immunglobuline spielen keine Rolle bei der Infektabwehr, jedoch werden die normalen Immunglobuline verdrängt und *es besteht ein mehr oder weniger ausgeprägtes Antikörpermangelsyndrom
  • in Folge dessen treten gehäuft bakterielle Infektionen der Lungen und des Harntraktes auf
  • zunehmen kommt auch die Knochenmarkinfiltration durch Tumorzellen hinzu, das normale Knochenmark wird verdrängt
  • zunehmende Anämie, Thrombopenie sowie Leukopenie folgen und der Immundefekt wird weiter verstärkt
  • die häufigste Todesursache: Niereninsuffizienz
  • zu generalisierten Osteopathien mit Osteolysen, Frakturen und Knochenschmerzen kommt es durch die Tumorinfiltration im Knochenmark
  • eine tumorbedingte Hyperkalzämie kann die Folge sein
  • sehr selten sind extramedullär (außerhalb des Knochenmarks) auftretende Plasmozytome etwa 4%

In fortgeschrittenen Fällen kommt es zu einer „leukämoiden Reaktion“. Hierunter versteht man die Ausschwemmung von Plasmazellen ins Blut (Plasmazellleukämie). Diese Form der Erkrankung ist therapieresistent und rasch fortschreitend. Die mediane Überlebenszeit beträgt nur sechs Monate.

Diagnostik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Laborchemie: Bestimmung der Immunglobuline, des Blutbildes, die Eiweißelektrophorese, die Immunfixation sowie Elektrolyte und Kreatinin
  • zum Nachweis des erhöhte Zellumsatzes: Bestimmung der LDH und besonders das beta-2-Mikroglobulin (auch als prognostischer Marker)
  • Knochenmarksbiopsie („Beckenkammpunktion“); alleinige Zytologische Knochenmarkuntersuchung ist nicht ausreichend, da keine Aussage über Infiltrationsgrad oder Ausbreitungsmodus
  • Ganzkörper- CT oder MRT zum Ausschluss von Osteolysen (Schädel und Wirbelsäule am häufigsten befallen
  • Szintigraphie ist nicht geeignet
  • MRT kann zur Bestimmung des Knochenmarkbefalls dienen

Stadieneinteilung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Einteilung erfolgt nach Salmon und Durie 1975
    • Stadium I (alle folgenden Kriterien)
      • Hämoglobin > 10 g/dl
      • normales Serumkalzium
      • maximal ein solitärer Knochenherd
      • niedrige Myelomproteinkonzentrationen im Serum (IgG <50 g/l, IgA < 30 g/l, Bence-Jones-Protein im Urin < 4 g/24 h)
    • Stadium II
      • Patienten, die nach den Kriterien weder zum Stadium I noch zum Stadium III gehören
    • Stadium III (ein oder mehrere der folgenden Kriterien)
      • Hämoglobin < 8,5 g/dl
      • erhöhtes Serumkalzium
      • fortgeschrittene Knochenläsionen
      • hohe Myelomproteinkonzentrationen im Serum (IgG >70 g/l, IgA > 50 g/l, Bence-Jones-Protein im Urin >12 g/24 h)
  • Für alle Stadien gilt:
    • Zusatz „A“: normale Nierenfunktion
    • Zusatz „B“: eingeschränkte Nierenfunktion

Überlebensrate

  • Tumormasse korreliert (ergänzt sich) sehr gut mit der stadiengerechen Überlebungsrate
  • unbehandelt beträgt diese Stadium I 64 Monate, Stadium II 32 Monate, Stadium III 6 Monate
  • Diagnose gilt als gesichert wenn zwei der drei Kriterien (Osserman- Kriterien) erfüllt sind:
    • Nachweis von eines monoklonalen Gradienten im Serum von mehr als 35 g/l IgG oder 20 g/l IgA
    • Nachweis von typischen Osteolysen oder einer Osteopenie
    • Nachweis von mehr als 15% Plasmazellen im Knochenmark


Therapie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • entscheidenden Säulen der Behandlung sind Chemo- und Strahlentherapie sowie supportive (unterstützende) Maßnahmen
  • Therapieplanung muss individuell unter Berücksichtigung der Nebenwirkungen erfolgen
  • bei der Behandlung des solitären Plasmozytoms ist Bestrahlung das Mittel der Wahl
  • Herddosis liegt bei etwa 40 – 50 Gy, führt praktisch zur Heilung
  • allerdings manifestiert sich bei 2/3 der Patienten ein systemisches Plasmozytom, deshalb werden die Patienten engmaschig überwacht
  • Basistherapie ist die Chemotherapie, die stadienorientiert zum Einsatz kommt
  • Stadium I: keine sofortige Therapie, sondern mittelfristige Kontrollen
  • Stadium II: im Vordergrund ist die Bestrahlung der Osteolysen zur Stabilisierung, Indikation zur Chemotherapie besteht nicht
  • Stadium III: Indikation zur systemischen Chemotherapie
  • Standard bei älteren Patienten (> 70 Jahren) ist kombinierte Gabe von Melphalan und Prednisolon (Alexanien-Schema)
  • Steigerung von 20% pro Zyklus wird empfohlen falls der Leukozyten-Nadir (Tiefstpunkt der Leukozytenwerte) nicht unter 2.000/µl fällt, da die orale Resorbtion von Melphalan stark variiert


Schema I:

  • Alexanien-Protokoll beim Plasmozytom
  • Melphalan (d1-d4)
  • Prednisolon (d1-d4)
  • Wiederholung alle 4 Wochen


  • alternativ zu Melphalan kann auch Cyclophosphamid oder Bendamustin eingesetzt werden
  • ist eine autologe Stammzelltransplantation geplant (bei jüngeren Patienten < 70 Jahren) wird auf Melphalan verzichtet und ein anderes Schema gewählt (z.B. VAD)
  • Therapie wird bis zur maximalen Remission fortgeführt
  • Weiterführung als „Erhaltungstherapie“ ist nicht standart (zwar verlängerte Remissionsdauer, aber keine verbesserte Überlebensrate)
  • ca. 70% aller so behandelten Patienten sprechen auf Chemotherapie an
  • zu einem Rezidiv binnen eines Jahres kommt es bei 50% der Patienten, das häufig erneut auf die gleiche Therapie anspricht
  • es gelingt eine verbesserte Remissionsrate durch unterschiedliche Polychemotherapien zu erzielen, die Überlebensrate konnte leider nicht verbessert werden
  • so das VAD-Protokoll


Schema II:

  • VAD-Protokoll beim Plasmozytom
  • Vincristin (d1-d4) als 24-h-Infusion
  • Adriamycin (d1-d4) als 24-h-Infusion
  • Dexamethason (d1-d4) nur im ersten Zyklus


VID- Schema

  • Vincristin
  • Idarubicin
  • Dexamethason

ID- Schema

  • Idarubicin
  • Dexamethason
  • neue Therapieoption ist Proteasominhibitor Bortezomib
  • palliative Strahlentherapie bei frakturgefährdeten Osteolysen
  • bei Osteolysen frühzeitiges einsetzen von Bisphosphonaten; CAVE: Niereninsuffizienz
  • OP mit anschließender Bestrahlung bei frakturierten Osteolysen
  • Gabe von Blutprodukten bei Anämie
  • beheben eines Hyperviskositätssyndroms durch Plasmapharese