Injizieren
Der Begriff Injektion kommt vom lateinischen iniectum (hineinwerfen, einflößen). Bei einer Injektion werden durch Stichverletzung der Haut mittels einer Hohlnadel und Spritze ein flüssiges Medikament oder andere Stoffe (z.B. Kontrastmittel) als wässerige oder ölige Lösungen in das Gewebe oder Gefäßsystem verabreicht (appliziert).
Definition[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Einspritzen von sterilen Arzneimitteln in den Körper mit einer Spritze und einer Hohlnadel (Kanüle). Das Volumen einer Injektion beträgt bis 20ml (mehr nennt man schon eine Infusion)
Allgemeines[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Das Injizieren von Medikamenten, auch "Spritzen geben" oder "Spritzen setzen" genannt, ist eine gängige und allgemein bekannte Art der Medikamentenverabreichung. Medizinische Laien schreiben der "Spritze" oft eine allumfassende Wirkung zu. Für alle Erkrankungen
hat der "Doktor" eine Spritze vorrätig, eine Spritze hilft besser als Tabletten oder Tropfen, getreu dem Motto "Je bitterer eine Medizin ist, um so besser heilt sie". Andererseits gibt es die Angst vor Spritzen, nicht nur bei Kindern, sondern auch bei Erwachsenen. Schuld daran sind wohl meistens negative Erlebnisse in der Kindheit, dass z.B. mit dem Spritzen gedroht wurde ("Wenn Du nicht lieb bist, gibt der Doktor Dir eine Spritze ...") oder Kinder mit Hinweis auf Unfälle und anschließende ärztliche Behandlung, verbunden mit Schmerzerlebnissen, diszipliniert wurden. Sicher können hier das Krankenpflegepersonal und die Ärzte durch eine angstnehmende Vorbereitung mit dazu beitragen, dass Injektionen nicht in solch einem extremen Maß als Schmerz empfunden werden.
Schmerzen bei Injektionen lassen sich kaum vermeiden, und es ist ja eigentlich auch ein widersprüchliches Vorgehen: Dem Patienten wird Schmerz zugefügt, um ihm zu helfen; er wird verletzt, um geheilt zu werden; es kann vorkommen, dass einem Patienten Schmerzen durch die Injektion bereitet werden, um andere Schmerzen durch das gespritzte Medikament zu lindern.
Vor einer Injektion zu beachten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Um das Risiko einer Arzneimittelverwechslung zu verringern, muss vor jeder Injektion wie vor jeder Medikamentengabe die 5-R-Regel beachtet werden. Voraussetzung dafür ist die richtige Dokumentation der entsprechenden ärztlichen Anordnung.
- Richtiger Patient
- Richtiges Medikament
- Richtiger Zeitpunkt
- Richtige Dosierung
- Richtige Applikationsart
- Richtig dokumentieren
- Richtige Kompetenzen
Unmittelbar vor der Injektion wird die 7-R-Regel nochmals überprüft (Doppelkontrolle).
Nicht nur in der Intensiv- und Notfallmedizin sollte jedes vom Anwender in eine Spritze aufgezogene Medikament mit einem Spritzenaufkleber gekennzeichnet werden. Diese Aufkleber sollten aber nicht in jedem Bereich al gusto variieren, sondern überall gleich (standardisiert) sein, empfiehlt die DGF.
Neben der 5-R-Regel ist bei jeder Injektion die Einhaltung der Hygiene-Standards zu beachten, um das Infektionsrisiko gering zu halten.
Applikationsarten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
- subcutan (s.c.), in die Subcutis
- intramuskulär (i.m.), in einen Skelettmuskel
- intracutan (i.c.), in die Epidermis
- intravenös (i.v.), in eine Vene
- intraarteriell (i.a.), in eine Arterie
- Intracardial (i.card.), in den Herzmuskel ( obsolet bei geschlossenem Thorax!! )
- Intraarticulär, ins Gelenk
- Intrathekal, in den Liquorraum
- Intraossär, (i.o.), in den Knochen
Injektionslösungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
- Stechampulle
- Brechampulle (siehe 1. Foto rechts)
- Trockenampulle
- Fertigspritzen (siehe 2. Foto rechts)
Fertigspritzen sind in der Klinik nur akzeptabel, wenn das Medikament vom Hersteller bereits "aufgezogen" wurde.
Vorteil von Injektionen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
- schnelle Wirkung (s.c.: 15min, i.m.: 10min, i.v.: sofort)
- Kombination von Wirkstoffen möglich
- lokale Wirkung (nur intraarticulär)
- kein Wirkstoffverlust (vgl. oral)
- keine Wirkstoffveränderung (z.B. durch Magensäure)
- weitgehendes Umgehen des First-Pass-Effektes
- exakte Dosierbarkeit
- gute Steuerung von Wirkungseintritt und Dauer
- i.v. wirkt innerhalb weniger Sekunden
- i.m. innerhalb von 10-15 Minuten
- s.c. innerhalb von 20-30 Minuten
- Umgehung des Magen-Darm-Kanals und entsprechenden Komplikationen
- Unabhängigkeit von den Ressourcen des Patienten, z.B auch bei Bewusstlosigkeit oder Schluckstörungen möglich
Gefahren + Komplikationen einer Injektion[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
- Unverträglichkeitsreaktionen bis hin zum anaphylaktischen Schock, allergische Reaktion
- Kanülenbruch (heute, bei sachgemäßer Anwendung, sehr selten)
- Infektion
- Hämatombildung
- Nervenschädigung (bei i.m.)
Juristische Betrachtung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Juristisch betrachtet erfüllt eine Injektion, ebenso wie eine Operation oder ein anderer diagnostischer oder therapeutischer Eingriff, tatsächlich den Tatbestand der Körperverletzung, der nur mit Einwilligung des Patienten erlaubt ist. Problematisch wird es hier also bei Patienten, die nicht in der Lage sind, ihren Willen kundzutun, z.B. bewußtlose, verwirrte oder Betreute Patienten. Hier sollte die Frage der Einwilligung grundsätzlich geklärt werden, um nicht in das Selbstbestimmungsrecht des Einzelnen einzugreifen.
Injektionen sind behandlungspflegerische Tätigkeiten die in der Regel vom Krankenpflegepersonal auf Anordnung des Arztes durchgeführt werden. Für eine verantwortliche Durchführung der Injektion ist fachliche Kompetenz der Pflegeperson erforderlich. Dazu gehören:
- Kenntnis der hygienischen Voraussetzungen
- Kenntnis der allgemeinen Vorschriften für den Umgang mit Arzneimitteln
- Vorbereitung der Injektion
- manuelles Geschick bei der Durchführung der Injektion
- Beobachtung des Patienten vor, bei und nach der Injektion
- fachgerechte Entsorgung und Nachbereitung des Materials.
Außerdem muß der Dienstgeber, per Dienstanweisung, bestimmten Berufsgruppen bestimmte Injektionsarten delegieren.
Wenn ein Arzt eine Injektion einer Pflegeperson delegiert, muß ihm bekannt sein, ob die Pflegeperson diese Injektion sach- und fachgerecht verabreichen kann. Hierzu muß er sich davon mindestens einmal selber überzeugen.
Haftung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Ist dem Patienten durch ein pflichtwidriges Verhalten der Pflegeperson ein Schaden zugefügt worden, besteht neben der Schadenersatzpflicht des Arztes oder des Krankenhauses aus dem abgeschlossenen Behandlungsvertrag mit Arzt und/oder Krankenhaus (vertragliche Haftung nach § 278 BGB für Erfüllungsgehilfen) ein direkter Schadensersatzanspruch des Patienten gegen die Pflegeperson aus § 823 BGB (= unerlaubte Handlung). Bei der Haftung auf Schadensersatz kann noch ein Schmerzensgeldanspruch nach §§ 253, 847 BGB hinzukommen. Bis zum Juli 2002 war ein Anspruch auf Schmerzensgeld auf die deliktische Haftung beschränkt, ist aber nunmehr auch, im Falle der Schädigung der körperlichen Unversehrtheit, der Freiheitsentziehung oder bei sexuellen Übergriffen, aus der vertraglichen Haftung möglich.
Hat die Pflegeperson die fahrlässige Körperverletzung im Rahmen des Arbeitsverhältnisses begangen, so hat sie jedoch u.U. im Innenverhältnis gegenüber dem Arbeitgeber nach den Grundsätzen der Arbeitnehmerhaftung einen Anspruch, von der Schadensersatzverpflichtung freigestellt zu werden.
Recapping[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Recapping (engl.: wieder bedecken) ist das Wiederaufsetzen der einmal abgenommenen Kanülenschutzkappe. Es stellt die häufigste Quelle für infektiöse Stichverletzungen im Pflege und Rettungsbereich dar. Zur Vermeidung einer Stichverletzung mit der (benutzten und potentiell infektiösen) Nadel ist das manuelle Recapping "verboten".