Die Intensivierte Insulintherapie bei Intensivpatienten
Diabetes mellitus ist in Deutschland endemisch und die Insulintherapie damit ein zunehmend mehr Patienten treffendes Problem mit Folgen für die Finanzierung des Gesundheitswesens, da sowohl die Medikamente wie auch die Kosten für die Blutzuckerselbstkontrollen enorm zunehmen werden. Bis 2030 wird die Zahl der Diabetiker um 40 Prozent wachsen - so eine Schätzung der Weltgesundheitsorganisation.
Die Intensivierte Insulintherapie bei Intensivpatienten erfolgt auf Intensivstationen, wo neben der Grunderkrankung die Zusatzerkrankungen der Diabetiker einen hohen Therapie- und Beobachtungsaufwand verursachen.
Studien[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Die Studienlage ist abwechselnd unterschiedlich: Einerseits zeigten Studien einen signifikanten Rückgang der Morbidität und Mortalität und eine Reduzierung der postoperativen Sepsisrate. Andererseits kommt man einige Zeit später zu ganz anderen Ergebnissen. Daher muss in einem Pflegeportal zu dieser Problematik auf das Fachgebiet Intensivtherapie verwiesen werden.
Konsens besteht zu folgendem Punkt: In der Praxis ist es nicht selten, dass in einigen Fällen Blutzuckerwerte unter der intensiven Insulintherapie unter fünf mmol/l (=90 mg/dl) erreicht werden. Eine solche Absenkung ist hinsichtlich der Gefahr von Hypoglykämien obsolet.
Aufgaben der Intensivpflege[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Fachpflegekräfte für Intensivpflege und Anästhesie realisieren die Intensive Insulintherapie in der Regel auf der Grundlage ärztlicher Anordnungen, besser: innerhalb eines ärztlichen Behandlungsprogramms.
Ein Bericht aus den USA beschreibt die Umsetzung der Intensiven Insulintherapie innerhalb eines von den Pflegekräften verantworteten Behandlungsprogramms: Hierbei führten die Pflegekräfte stündliche Blutzuckerkontrollen durch und verabreichten die erforderliche Insulinmenge eigenverantwortlich auf der Grundlage eines "Hyperglykämie-Behandlungsstandards": Das Programm führte zu einer raschen Normalisierung initial erhöhter Blutzuckerwerte.
Das Ergebnis zeigt, dass ein medizinisches Behandlungsziel auf der Grundlage eines vorherigen Behandlungsplanes durch die alleinige Arbeit der Pflegekräfte erreicht werden kann.[1]
Gleich gute Ergebnisse gibt es innerhalb der Team- und protokollorientierten Behandlungsorganisation. Diese ist der traditionellen, hierarchischen, arztzentrierten Behandlungsorganisation deutlich überlegen. Mehr dazu: Teamwork in der Intensivmedizin
Blutzucker-Einstellung auf der internistischen Intensiv-Station[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Ein neuer Algorithmus zur Blutzuckereinstellung auf einer internistischen Intensiv-Station führt zu einer besseren Einstellung, ohne dass dadurch mehr Unterzuckerungen auftreten.Ob eine solche standardisierte Behandlung für den Patienten Vorteile bringt, ist allerdings nicht sicher belegt.[2]
Therapieformen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Auf der Intensivstation sind folgende Formen der intensivierten Insulintherapie möglich:
- Die konventionelle intensivierte Insulintherapie ( ICT). Sie funktioniert nach dem Basis-Bolus- Konzept.
- Die kontinuierliche intravenöse Insulintherapie über Spritzenpumpe (Perfusor).
- Die kontinuierliche subkutane Insulininfusion (Insulinpumpe). Siehe auch: Insulinpumpentherapie.
Verfahrensweisen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Innerhalb der kontinuierlichen intravenösen Applikationsform werden Perfusoren eingesetzt. Am besten in Verbindung mit einem venösen Zugang (ZVK als Mehrlumenkatheter). Dieser gewährleistet einen gleichmäßigen Zufluss. Dabei ist die prompte Verfügbarkeit des Insulins ebenso wichtig wie die eventuell nötige sofortige Unterbrechung der Insulingabe bei auftretenden Hypoglykämien.
Der Basisbedarf des Insulins beträgt 0,7 bis 1,5 IE/h. Es ist sinnvoll, mit einer Insulingabe in der Höhe von 1 IE/h zu beginnen und innerhalb engmaschiger Blutzuckerkontrollen durch ein feinfühliges „Dosierungsmanagement“ den gewünschten Zielwert (etwa 7,0 mmol/l = 126 mg/dl) zu erreichen.
Die Insulinpumpenbehandlung kommt der natürlichen Insulinfreisetzung am nächsten. Sie ist beim Dawn-Phänomen und bei häufigen nächtlichen Unterzuckerungen indiziert. Die Basalrate kann im Stundentakt angepasst werden. Diese Variabilität ist mitentscheidend für eine gute Stoffwechsellage. Wer eine Insulinpumpe bedienen will, muss die ICT beherrschen.
Die intensivierte konventionelle Insulintherapie (ICT), siehe Intensivierte Insulintherapie bei Diabetes mellitus-Typ-2
Prinzipiell sind alle drei Formen der intensivierten Insulintherapie auf der Intensivstation möglich. Welcher Weg eingeschlagen wird, entscheidet der klinische Zustand der Patienten.
Kontinuierliche Blutzuckermessung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Das Problem auf der Intensivsation ist die laufende Blutzuckermessung und die Anpassung der Insulinmenge. Das Konzept: „Kontinuierliche intravenöse Glukosemessung und automatisierte Insulingabe bei intensivbehandelten Patienten“ (mtb gmbh, Forschung und Entwicklung, Lonsee, Germany) umgeht dieses Problem, da über den ZVK das Blut zur Glukosemessung in einem geschlossenen System, also ohne Dekonnektion gewonnen wird. Dieses System befindet sich in Erprobung – weitere Ergebnisse müssen abgewartet werden.
Eine weitere Möglichkeit: Durch die Platzierung einer subkutanen Sonde (Glukosensor) kann der Blutzucker in der Gewebeflüssigkeit in kurzen Zeitabständen gemessen werden. Damit wurde zwar noch nicht die Zielstellung des kontinuierlichen Glukose-Monitorings (CGM) erreicht, aber man ist nahe daran. Vergleichsmessungen zwischen Blut und Gewebe ergaben keine größeren Differenzen bezüglich des Blutzuckerwertes. Wie bei jeder Verfahrensweise ist auch hier das Ergebnis sehr von der Compliance der Patienten bzw. des Klinikpersonals abhängig.[3]
Echtzeit- Blutzuckerkontrolle: Bei Verwendung eines speziellen Gerätes für dieses Kontrollverfahren waren die Schwankungen zwischen hohen und niedrigen Blutzuckerwerten geringer. Des Weiteren wurden weniger sehr hohe Blutzuckerwerte bei den Patienten gemessen. Das Fazit: Die Echtzeit-Blutzuckerkontrolle stellt eine neue Methode zur Messung des Blutzuckers dar und ermöglicht es, den Blutzucker bei Typ 1 Diabetes gleichmäßiger einzustellen. [4]
"Die Entwicklung einer `Künstlichen Bauchspeicheldrüse` soll künftig die Sterblichkeit auf Intensivstationen um bis zu 40 Prozent reduzieren. 14 europäische Forschungseinrichtungen arbeiten derzeit gemeinsam an diesem Gerät, das den Blutzucker der gefährdeten Patienten ständig überwacht und bei kritisch erhöhten Werten automatisch Insulin verabreicht bzw. bei niedrigen Werten die Zufuhr unterbricht. Ein Prototyp des Gerätes soll Ende 2008 zur Verfügung stehen"[5]
Was noch zu bedenken wäre[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Diabetiker haben ein doppeltes Thromboserisiko, bedingt durch Veränderungen im Gerinnungssystem.Daher kann der Einsatz von Antikoagulantien nötig werden ( Arzt!!).
Neue Studien belegen, dass sich der prophylaktische Einsatz von ASS in der Dosierung von 50 - 75 mg/d günstig auf die Vermeidung von Gefäßkomplikationen, besonders am Herzen und im Hirn, auswirken kann (Reduzierung der Rate der Herzinfarkte und der Schlaganfälle). Aktuelle Publikationen in Fachzeitschriften bestätigen diese Aussage. Es wird aber auch darauf hingewiesen, dass bei prohylaktischen Gaben von ASS über 100mg/d die Blutungskomplikationen deutlich zunehmen, ohne daß sich ein zusätzlicher Therapiegewinn zeigt.
Betablocker können die Wahrnehmung von Unterzuckerungssymptomen stören, da sie das die Auswirkungen des Stresshormons Adrenalin blockieren. Diabetiker sollten daher Beta-1-spezifische Betablocker einnehmen, diese beeinflussen die Warnsymptome geringer.
Parodontitis und Diabetes: Jede gute Einstellung eines Diabetikers kann durch das Vorhandensein einer floriden Stomatitis erschwert werden. Siehe auch: Parodontitis: Nur ein bisschen Zahnfleischbluten? hier in Pflegewiki.
Diabetiker leiden oft unter Magnesiummangel. Wadenkrämpfe und neuromuskuläre Störungen sind häufig.
Funktionsstörungen der Schilddrüse können zu Blutzuckerschwankungen führen: TSH bestimmen!
Neue Entwicklungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Insulin als Spritze - seit fast 80 Jahren ist das die Standardbehandlung von Diabetikern. Denn heilbar ist die Zuckerkrankheit bis heute nicht, aber es ist eine Wende in Sicht:
- Einem internationalen Forscherteam gelang die Identifizierung von vier Diabetesgenen, die zusammen mit einem im Jahr 2006 entdekten Gen rund 70 Prozent des genetischen Diabetesrisiko erklären.[6]
- In Leipzig transplantiert Professor Witzigmann Diabetikern eine Bauchspeicheldrüse und "heilt" sie so von der Zuckerkrankheit. Bei einem solchen Eingriff werden auch gleich die Nieren mit transplantiert - damit kann erfolgreich die diabetische Nephropathie auch "ad akta" gelegt werden.Dieses Verfahren taugt nur für Typ-1-Diabetiker.Allerdings haben transplantierte Organe nur eine begrenzte Lebensdauer.
- In Kiel, Würzburg und Leipzig gelang es Wissenschaftlern, bestimmte Blutzellen im Labor so zu verändern, dass sie Insulin produzieren. Dieses Verfahren wird leider erst etwa in sieben Jahren erprobt werden können.
- Pfizer brachte unter dem Namen Exubera ein inhalierbares Insulin auf den Markt, das den Diabetikern mit Spritzangst eine große Erleichterung sein sollte. Allerdings war die Anwendung nicht ohne Probleme und es traten vermehrt Lungenkarzinome auf. Die Produktion wurde 2008 wieder eingestellt. Somit bleibt die subkutane Injektion des Insulins weiterhin die einzige Möglichkeit.
- Mediziner der Universität New South Wales füllten Mikrokapseln aus Seetang (Aliginat) mit insulinproduzierenden Inselzellen von Schweinen.Durch diese Ummantelung des biologischen Materials wird das Immunsystem überlistet, es kommt zu keinen Abstoßungsreaktionen. Könnte das das Ende der täglichen Insulininjektionen sein?
- Ein von Fettzellen hergestelltes Eiweiß "Retinol-binding protein 4" könnte als Frühhinweis auf Diabetes Typ 2 dienen. Eine diesbezügliche Studie ergab, dass Personen mit Risikofaktoren für Diabetes das Protein lange vor dem Ausbruch der Erkrankung im Körper haben. [7]
- "Die Europäische Kommission hat jetzt den Wirkstoff Exenatide zugelassen. Damit gibt es für Typ-2-Diabetiker, die mit oral eingenommenen Antidiabetika keine ausreichende Blutzuckerkontrolle erreichen, voraussichtlich ab Jahresmitte eine verschreibungspflichtige Alternative zur Insulintherapie", schreibt die Apothekenumschau, 15 Februar, 2007. Seit April 2007 sind Exenadide und Sitagliptin auch in Deutschland zugelassen und können ärztlich verordnet werden. Sie sind allergings keine Alternative zu Insulin, sondern eigenen sich nur für die Add-on-Therapie bei Diabetes mellitus Typ 2.
- „Menschen mit Übergewicht sind aus gesundheitlicher Sicht ohne Zweifel gefährdeter als normalgewichtige Personen. Es spielt allerdings eine Rolle, wo sich die Fettdepots bevorzugt ablagern. Dies bestätigen die Ergebnisse einer aktuellen Studie, in der die Funktion des Fettgewebshormons Adiponektin genauer untersucht wurde“. [8]
Quellen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
- ↑ Erfahrungen mit einem von Pflegekräften verantworteten Behandlungsprogramm" in Krankenhauspharmazie, 29, 7, 2008, 326-327
- ↑ http://www.diabetes-deutschland.de/news276.html
- ↑ Tamborlane WV, Beck RW, Bode BW et al. Continuous Glucose Monitoring and Intensive Treatment of Type 1 Diabetes. N Engl J Med, published online at www.nejm.org on September 8, 2008 DOI: 10.1056/NEJMoa0805017
- ↑ Rodbard et al.: Reduced Glycemic Variability with the Use of Real-Time Continuous Glucose Monitoring. Abstract 208-OR. 69th Scientific Session of the ADA, June 2009.
- ↑ Apotheken Umschau, 15.Januar,2008,8.
- ↑ Diabetiker Ratgeber, 5,8, 2007
- ↑ Apothekenumschau,9.2006,48
- ↑ Dr. med. Anja Lütke, freie Mitarbeiterin von Diabetes-Deutschland.de, Deutsches Diabetes Zentrum an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, Leibniz-Zentrum für Diabetes-Forschung und bezieht sich auf: Kim JY, van de Wall E, Laplante M et al. Obesity-associated improvements in metabolic profile through expansion of adipose tissue. J Clin Invest 2007; 117: 2621-2637
Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
1.Brunkhorst: :“Die intensivierte Insulintherapie auf der Intensivstation“ unter: www.mcn-nuernberg.de/fileadmin/mcn-allgemein/20_ipt_abstracts/Brunkhorst.pdf-
2. van der Berghe et al: Intensive insulin therapy in the medical ICU. N Engl J Med. 2006 Feb 2;354(5):449-61.
3.Kurt Wanka: „Die intensivierte konventionelle Insulintherapie bei Typ-2-Diabetikern“, Heilberufe, 9.2206, 72-74
4.“Kontinuierliche intravenöse Glukosemessung und automatisierte Insulingabe bei intensivbehandelten Patienten, unter: http://www.thiemeconnect.com/ejournals/abstrakt/ds/doi/
Webseiten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
http://www.diabetes-deutschland.de
Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
- Intensivierte Insulintherapie bei Diabetes mellitus-Typ-2
- Diabetes mellitus: Ernährung
- Diabetes mellitus: Folgeerkrankungen
- ICT: Ein Fallbeispiel
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