Demenzstationen

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In Demenzstationen von Altenpflegeheimen werden an Demenz erkrankte Personen getrennt von anderen alten Menschen versorgt (Fremdwort dafür: Segregation). Es ist für jede so evtl. zu versorgende Person die Frage zu stellen: Ist diese Unterbringung von Demenzkranken in speziellen Demenzstationen förderlich für das Krankheitserleben bzw. die persönliche Lebensqualität der Betroffenen?

Hintergrund[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Es gibt 2005 ca. 1 Millionen demenziell mehr oder weniger stark erkrankte Menschen in Deutschland. Ca. 80% der Betroffenen treten im Verlauf der Krankheit in ein Pflegeheim ein. 60-70% der Pflegeheimplätze in Deutschland werden von Demenzkranken in Anspruch genommen, das sind zur Zeit ca. 400.000. Dieser hohe Anteil hat sich erst seit 1995 bis heute so entwickelt. Pro Jahr treten ca. 200.000 Neuerkrankungen auf. Ob sie damit darauf reagieren oder ob es darum geht, freie Platzangebote zu vermieten, jedenfalls haben sich in Deutschland seither so genannte Demenzstationen entwickelt. Dies sind abgetrennte Bereiche in Pflegeheimen, in denen ausschließlich demenziell Erkrankte leben (segretative stationäre Versorgung). Ca. 8 Personen leben in einer Demenzstation. Demenz ist seit 1995 der wichtigste Grund für den Eintritt in ein Pflegeheim geworden.

Demenzerkrankte reagieren auf die Verminderung ihrer Erinnerungsfähigkeit häufig mit Verhaltensänderungen und -auffälligkeiten. Der Wohnbereich in einem Pflegeheim sollte also ganz auf diese Bedürfnisse zugeschnitten sein. Den Personen einen guten funktionalen Zustand möglichst lange zu erhalten, ist wichtig, um die Selbstachtung des einzelnen Bewohners zu stärken und somit auch die Pflege/Versorgung zu erleichtern. An einer Demenz erkrankte Personen benötigen eine grundlegend andere Betreuung als daran nicht Erkrankte. Sie sind häufig nicht krankheitseinsichtig, sowie zeitlich, örtlich und situativ nicht orientiert. Außerdem lehnen sie häufig oder gelegentlich die Hilfe bei Alltagsaktivitäten und anderen pflegerischen Maßnahmen ab. Früher sehr gut bekannte Personen werden verkannt. Des Weiteren ist ein gestörter Schlaf-Wach-Rhythmus typisch. Erforderlich sind eine einfühlsame pflegerische Versorgung und eine psychosoziale Betreuung.

Ziel ist die Erhaltung der Lebensqualität und der Würde. Es wird eine Verbesserung der Lebenssituation angestrebt. Um dieses zu erreichen, stehen also die Förderung der Mobilität, die Reduzierung der chronischen Stressbelastung und die Vermittlung des Gefühls von Freiheit und Sicherheit im Vordergrund. Es herrscht eine Kontinuität in der Zusammensetzung der Gruppe, der betreuenden Personen und des Tagesablaufs. Demenzstationen unterscheiden sich von normalen Pflegeheimen durch die Abkehr vom Anstaltscharakter und zeichnen sich durch Normalität, Häuslichkeit, maximale Alltagsnähe und Deinstitutionalisierung aus. Sie sind räumlich klar von anderen Stationen abgegrenzt. Als geschlossene Stationen können sie deshalb bezeichnet werden, weil die Ausgänge für die Erkrankten als solche nicht erkennbar und der Wohnbereich auch nicht aus Versehen so zu verlassen wäre.

Wer wird in einer Demenzstation aufgenommen?[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Um in einer Demenzstation untergebracht werden zu können, sollte auf folgende Kriterien geachtet werden:

  • Es muss eine ärztliche Diagnose einer demenziellen Erkrankung vorliegen
  • Die Einschränkung der Denkfähigkeit muss bereits weit vorangeschritten sein
  • Pflegestufe II oder III
  • Die Mobilität muss so weit erhalten sein, dass am Gemeinschaftsleben teilgenommen werden kann
  • Einwilligung des Bevollmächtigten oder Betreuers liegt vor

Ausstattung einer Demenzstationen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Speziell geschultes Pflegepersonal, das auf freiwilliger Basis auf den speziellen Demenzstationen arbeitet, ist wichtig. Dazu gehört auch die Fähigkeit, die Kranken gewähren zu lassen, wenn sie sich nicht der Norm entsprechend verhalten. Leitlinien für den Umgang mit den verschiedenen Bewohnern werden erarbeitet, so dass das Verhalten der Pflegenden vorhersehbar ist. Einen wichtigen Bestandteil der Arbeit auf Demenzstationen haben Supervisionen und Fallbesprechungen. Außerdem sollten Weiterbildungen regelmäßig angeboten werden. Eine umfassende Biographiearbeit findet statt, so dass Vorlieben und Abneigungen, sowie Verhaltensmuster zum Vorschein kommen und speziell auf diese Bedürfnisse eingegangen werden kann. Der Personalschlüssel auf Demenzstationen ist etwas höher als auf „normalen Stationen“. Es herrscht eine Kontinuität in der Zusammensetzung der Gruppe, der betreuenden Personen und des Tagesablaufs. Aktivitäten, wie z.B. Musik- und Ergotherapie, finden in kleinen Gruppen statt. Die Einbeziehung von Angehörigen in die Arbeit und das Leben der dementen Bewohner ist sehr wichtig. Der Anteil von Personal mit einer derartigen psychiatrischen pflegerischen Zusatzqualifikation sollte festgelegt sein.

Die Räumlichkeiten sind den speziellen Bedürfnissen angepasst. Sie sind klar von anderen Stationen abgegrenzt. Ein Gruppenraum sowie ausreichend Bewegungsmöglichkeiten zum Krankheitstypischen Wandern sind vorhanden. Des Weiteren wird auf eine helle, freundliche Beleuchtung und Farbgestaltung geachtet, wobei möglichst keine spiegelnden Flächen oder Stufen entstehen. Die Ausstattung der Zimmer sollte weitgehend mit eigenen Möbeln geschehen um dem Demenzkranken ein Gefühl der Geborgenheit und vertrauten Sicherheit zu vermitteln. Im Freien ist ein gesicherter Bereich zur gefahrfreien Bewegung der Demenzkranken vorhanden. Auch müssen Rückzugsmöglichkeiten vorhanden sein. Orientierungshilfen, wie z.B. Bilder und Namenschilder sollen den Alltag erleichtern.

Die Dokumentation der Verhaltensauffälligkeiten vor und in der besonderen Dementenbetreuung erfolgt z. B. auch mittels einer modifizierten Cohen-Mansfield-Skala (Dementenbetreuung Hamburg).

Finanzierung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In Hamburg, Baden-Württemberg und Berlin wird ein Kostenzuschlag von 500 Euro erhoben. Dieser Betrag wird von den Erkrankten, ihren Familien oder vom Sozialhilfeträger übernommen.

Stand der Forschung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Wie ist der Stand der Forschung zur Frage: Ist die Unterbringung von Demenzkranken in speziellen Demenzstationen förderlich für den Krankheitsverlauf?

Vom Mannheimer Zentralinstitut für seelische Gesundheit wurde 2002 eine Studie zu diesem Thema durchgeführt. Die Ergebnisse besagen, dass Demenzkranke in der besonderen Dementenbetreuung häufiger in Kompetenz fördernde Aktivitäten innerhalb und außerhalb der Einrichtung eingebunden sind. Es zeigt sich ein günstiger Einfluss auf die Erhaltung der Mobilität. Sie zeigen signifikant mehr positive Gefühle wie Freude und Interesse. Sie sind aktiver, lebendiger und emotional ausgeglichener. Aggressionen werden weniger. Ein Rückgang von Verhaltensauffälligkeiten kann nach der Aufnahme in eine Demenzstation auftreten. Kooperationsprobleme treten weniger auf. Der Pflegeablauf muss deutlich seltener unterbrochen oder geändert werden. Demenzkranke in Demenzstationen sind seltener von freiheitseinschränkenden Maßnahmen betroffen und werden wesentlich häufiger und angemessener psychiatrisch behandelt. Demenz ist unheilbar und eine Verlängerung des Lebens, sowie das Auskommen ohne Medikamente ist durch die Versorgung in einer Demenzstation nicht gegeben. Es gab keinen günstigeren Einfluss auf die Häufigkeit und Schwere von nicht-kognitiven Symptomen und Verhaltensauffälligkeiten, sowie die Alltagskompetenz. (Weyerer,2004) Es kommt also zu keiner Verbesserung hinsichtlich der Kernsymptome von Demenz. Auch der Grad der Selbstständigkeit im Alltag kann nicht bedeutend verbessert werden. Bei den Mitarbeitern ist die Arbeitsbelastung und die Häufigkeit depressiver Störungen niedriger und die Zufriedenheit höher. Die Beurteilung der Arbeit auf einer Demenzstation erfolgt häufig mit gut oder hervorragend. Wesentlich häufiger werden Angehörige in Pflege und Betreuung eingebunden. Die zur Bearbeitung des Beitrags herangezogene deutsche Studie ist nur begrenzt aussagefähig, da es sich um keine randomisiert kontrollierte Studie handelt. Internationale Literatur ist ebenfalls nur bedingt aussagefähig, da z.B. in den USA die Demenzstationen nicht nur von ihrem Namen abweichen (special care unit), sondern auch in ihrer Definition keine klare Beschreibung beeinhalten. So ist zu bemängeln, dass keine vergleichende Literatur herangezogen werden konnte und somit ein großer Forschungsbedarf gegenwärtig ist.

Modellprojekt Hamburg[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In Hamburg gab es von 1991 bis 1994 das „Modellprojekt stationäre Dementenbetreuung” die besonderen Angebote für Demenzkranke gezielt auszubauen. Auf diesem Projekt aufbauend beschloss der Senat 1997 die Angebote für Demenzkranke zu erweitern. Seit 1999 gibt es als Resultat der Verhandlungen zwischen Anbieterverbänden, Pflegekassen und Sozialbehörde eine „gemeinsame Vereinbarung über die besondere stationäre Dementenbetreuung in Hamburg“. 750 Pflegeheimplätze wurden so umgestaltet, dass sie den besonderen Bedürfnissen Demenzkranker Rechnung tragen.

Schlussfolgerung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Durch den Mangel an in Deutschland durchgeführten Studien kann man nicht abschließend auf wissenschaftlicher Basis sagen, dass die Demenzstationen für den Krankheitsverlauf förderlich sind. Sicher ist nur, dass das Personal aus dieser Art der Unterbringung Vorteile in seinen Arbeitsbedingungen wahrnehmen kann.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Eisenberg S, Hamborg M, Kellerhof M, Wojnar J: Hamburger Positionspapier zur besonderen stationären Dementenbetreuung. Forschungsergebnisse und praktische Erfahrungen für die Dementenbetreuung. Deutsche Expertengruppe Dementenbetreuung e.V..
  2. Lai CKY, Yeung JHM, Mok V, Chi I. (2007): Special care units for dementia individuals with behavioural problems. The Cochrane Library, Issue 4
  3. Lawton MP, Haitsma van K, Klpper J, Kleban MH, Katz IR, Corn J(1998): A stimulation-retreat special care unitnfor elders with dementing illness. International Psychogeriatrics, Vol 10, No. 4, pp. 379-395.
  4. Robert Koch Institut, 2005, Themenheft 28, Altersdemenz
  5. Volicer J (2007): Goals of care in advanced dementia: quality of life, dignity and comfort. The journal of nutrition, health and aging, Vol. 11, Number 6.
  6. Weyerer S, Schäufele M, Hendlmeier I, Kofahl Ch, SattelH, Jantzen B, Schumacher P (2004): Evaluation der Besonderen Stationären Dementenbetreuung in Hamburg (Internetversion). Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend(BMFSFJ). Behörde für Soziales und Familie der Freien und Hansestadt Hamburg.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Wohngemeinschaften für Menschen mit Demenz
  2. Morbus Alzheimer
  3. Tagesbetreuung
  4. AEDL-Anregungen zur Pflege von Menschen mit Demenz