Thromboseprophylaxe

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Als Thrombose oder Thrombosis bezeichnet man den Verschluss eines Blutgefäßes durch ein Blutgerinnsel (Thrombus). Unterschieden wird zwischen arterieller oder venöser Thrombose. Ein klassisches Beispiel ist die tiefe Beinvenenthrombose: ihre gefürchteste Komplikation ist die Lungenembolie. Ein Thrombus kann ein Blutgefäß teilweise oder ganz verschließen. Dieser Zustand führt zur Unterversorgung bzw. zum Versorgungsausfall des zu versorgenden Gewebes (Infarkt).

Die Virchow-Trias[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die nach dem deutschen Pathologen Rudolf Virchow benannten Ursachen für das Enstehen einer Thrombose sind:

  1. Verlangsamter Blutstrom: durch Bettruhe, Lähmung, ruhigstellende Lagerungen, Schonhaltung (typisch bei Schmerzen), Flüssigkeitsmangel und intravasaler Flüssigkeitsverlust, Veränderungen der Blutzusammensetzung (z.B. Polyglobulie als Folge von Sauerstoffmangel-Zuständen), Herzinsuffizenz und chronisch venöse Insuffizenz.
  2. Gefäßwandschäden: Schädigung der Gefäßinnenwand (Intima) durch Verletzungen, Quetschung, Operation,(Varizen) und Phlebitis.
  3. Erhöhte Gerinnungsneigung: bei Vermehrung der Gerinnungsfaktoren, beispielsweise nach großen Operationen (Verbrauchskoagulopathie), Verbrennungen. Auch muss in diesem Zusammenhang an die eventuell erfolgte Einnahme von Ovulationshemmern und Kortison gedacht werden.

Bausteine der Thromboseprophylaxe[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die sechs Bausteine der Thromboseprophylaxe sind:

  1. Positionierung
  2. Rückstromfördernde Gymnastik: Anspannen und Entspannen der Unterschenkelmuskulatur
  3. Frühmobilisation
  4. Ausreichende Flüssigkeitsgabe
  5. Venenkompressionsverband|Venenkompression
  6. Medikamentöse Antikoagulationstherapie

Positionierung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Datei:Fussstuetzea.gif
Fußstütze

(der Begriff Lagerung sollte vermieden werden. Er suggeriert ein statisches Verhalten, welches in diesem Fall kontraproduktiv wäre)

  • Fußteile des Bettes erhöhen
  • Beine nicht überkreuzen
  • keine Abknickungen in Knie- und Hüftgelenk
  • Beine hochlagern (Schaumstoffkissen)

Der Beinhochlagerung wurden bisher keine prophylaktischen Effekte nachgewiesen. Sie dienen vielmehr, bei nicht vorliegender Kontraindikation, der Steigerung des Wohlbefindens des Patienten.[1]

Bewegungsübungen / Gymnastik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Aktive Bewegungsübungen führt der Patient nach Anleitung selbst aus, wie Füße kreisen lassen, heben und senken; Knie anziehen und strecken; Beine aufstellen und strecken.
Passive Bewegungen führt die Pflegekraft oder ein Physiotherapeut die gleichen Abläufe am Patienten durch. Druck gegen die Fußsohle (spannt die Wadenmuskulatur) durch eine bewegliche Fußstütze oder eine Bettkiste (wegen des Risikos eines Dekubitus unter den Fußsohlen) wird jedoch nicht oder nur kurzfristig angewendet, wenn der Patient nicht selbstständig eine notwendige Druckentlastung durchführen kann ( wegen Lähmungen, bei zu großer Schwäche oder bei Sensibilitätsstörungen).

Frühmobilisation[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bei langem Sitzen werden die Venen langsamer durchblutet, im Liegen ist der Muskeltonus der Beinmuskulatur niedriger, er ist wichtig für den Blutrückfluss zum Herzen. Bei Bewegung wird das Herz zum schnelleren Schlagen angeregt, dadurch erhöht sich die Geschwindigkeit der Blutzirkulation. Das Blut fließt schneller durch die Arterien und wird schneller durch die Venen gepumpt, somit wird die Durchblutung der Gefäße gefördert.

Vorgehensweise:

  • Patient auf die Notwendigkeit der Bewegung hinweisen, motivieren und ermutigen, aufzustehen und sich zu bewegen
  • Bei verordneter Bettruhe rückstromfördernde Gymnastik anbieten, z.B. Beine anwinkeln und strecken, Füße kreisen lassen, Zehen krallen und entspannen

Ausreichende Flüssigkeitsgabe[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Durch eine zu geringe Flüssigkeitsmenge im Körper erhöht sich die Viskosität des Blutes.

Vorgehensweise:

  • Patient auf die Notwendigkeit des Trinkens hinweisen (etwa 2 l am Tag)
  • Getränke anbieten (vorzugsweise Wasser, Früchtetee oder Saftschorle; weniger Kaffee oder Schwarztee) und Trinken ermöglichen und gegebenenfalls Hilfestellung leisten

Prophylaxe durch Kompression[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die sogenannte Venenpumpe kann durch das Tragen von Medizinischen Thromboseprophylaxestrümpfen MTS oder das Anlegen eines Venenkompressionsverbandes unterstützt werden. Beide Methoden nützen aber nur in Kombination mit Bewegung.
Hat der Patient bereits Varizen (Krampfadern), Ulcus cruris, Beinödeme, oder hat er schon einmal eine Thrombose erlitten, reichen die MTS nicht aus. Es werden Kompressionsstrümpfe der Kompressionsklasse II (CCL 2) benötigt.
Bei länger dauernder Bettlägerigkeit oder auch schon vor und während größerer operativer Eingriffe ist die apparative intermittierende pneumatische Kompression (AIK oder IPK) effektiv; sie wird in Deutschland aber bislang nur selten zur Thromboseprophylaxe eingesetzt.

Durch die Kompression wird das Gewebe zusammengehalten und gestützt, die Venen verengen sich gleichmäßig, wodurch ein besserer Blutfluss gewährleistet wird.

Vorgehensweise bei der Verwendung von Kompressionsstrümpfen:

  • Strümpfe müssen in den für den Patienten passenden Größe ausgewählt werden. Dazu wird der Beinumfang gemessen.
  • Vor dem Anlegen sollen die Beine 20-30 Minuten hochgelagert werden, damit sie entstaut sind und ein gleichmäßiger Venenquerschnitt vorhanden ist. Gegebenenfalls eine Anziehhilfe verwenden.
  • Tägliche Hautbeobachtung und -pflege des Beines
  • Alle 2 bis 3 Tage oder bei Verschmutzung werden die Strümpfe gewechselt.

Cave: Bei Patienten nach einem akuten Schlaganfall weist die CLOTS1-Studie nach, dass MTS keinen signifikanten Nutzen haben. Durch die möglichen Komplikationen beim Tragen der MTS, wie z.B. Hautabschürfungen und Blasenbildung sind diese Patienten sogar eher benachteiligt.[2]

Medikamentöse Antikoagulationstherapie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Gerinnungsneigung des Blutes wird durch die Gabe von Antikoagulantien herabgesetzt. Das kann durch die Einnahme von entsprechenden Medikamenten oder auf parenteralem Wege erfolgen. Sofern keine Kontraindikationen bestehen, erhalten Patienten auf Intensivstationen/Intermediate Care Stationen, neben den pflegerischen Maßnahmen der Thromboseprophylaxe, eine Low-dose-Heparinisierung.

Heparine sind körpereigene Wirkstoffe, die das Thrombin binden und die Umwandlung von Fibrinogen in Fibrin verhindern. Sie werden parenteral, also durch subcutane Injektion oder kontinuierlich über eine Spritzenpumpe appliziert. Die Wirkung tritt fast umgehend ein. Das Gegenmittel von Heparin ist Protaminsulfat. Kumarine vermeiden die Prothrombinbildung. Sie werden oral eingenommen und erreichen ihre Wirkung erst nach 2 bis 3 Tagen. Durch regelmäßige Quickwertkontrollen muß die richtige Dosierung bestimmt werden. In diesem Falle ist das Gegenmittel Vitamin K.

Beachte: Patienten, die gerinnungshemmende Arzneimittel bekommen, dürfen keine intramuskulären Injektionen erhalten. Dieses Verbot sollte deutlich in der Pflegedokumentation und in der Patientenakte vermerkt werden.

Neben der dosis- und zeitgerechten Applikation der verordneten Arzneimittel ist auf eventuelle Nebenwirkungen der Antikoagulantien zu achten. Das können sein: Hämatome, erhöhte Blutungsneigung von Operationswunden, Hämaturie (Blut im Urin) und Teerstuhl. Bei älteren Patienten ist auch die Vigilanz regelmäßig zu überprüfen, da eine cerebrale (Cerebrum = Gehirn) Blutung nicht immer ausgeschlossen werden kann.

Zur Frage der Wirkung bestimmter Nahrungsmittel auf die Gerinnung unter dem Einsatz von Gerinnungshemmern, ist die heutige (2010) Meinung, dass es keine Einschränkungen gäbe; „(…) empfehlenswert ist vielmehr eine Dosisanpassung der Tabletten an die Ernährungsgewohnheiten."

Die Überwachung der Patienten bezieht die Realisierung nötiger Blutuntersuchungen durch den Pflegedienst mit ein. Die hierfür erforderliche Blutentnahme kann, auf der Grundlage einer ärztlichen Anordnung, durch Fachpflegekräfte erfolgen (in der Intensivtherapie/Intensivpflege ist dieses Vorgehen obligatorisch).

Auf der Station eingehende Befunde sollten von der für den Patienten zuständigen Pflegekraft "grobklinisch" interpretiert werden können. Dieses Vorgehen gehört zur Ganzheitlichkeit von Medizin und Pflege und ermöglicht eine schnelle Reaktion auf eventuelle Abweichungen innerhalb vorgegebener Vertrauensbereiche (diese legt der Arzt fest). Dieses Vorgehen kann durchaus dem Bereich der prophylaktischen Pflege zugeordnet werden.

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Quellen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. EBN Südtirol (Projektgruppe Evidence-based Nursing Südtirol) (2011): Leitlinie zur Thromboseprophylaxe im Krankenhaus – Verminderung des Risikos einer tiefen Beinvenenthrombose und einer Lungenembolie.[1] – Stand 01.02.2013
  2. The CLOTS Trials Collaboration (2009): Effectiveness of thigh-length graduated compression stockings to reduce the risk of deep vein thrombosis after stroke (CLOTS trial 1): a multicentre, randomised controlled trial, in: The Lancet 373 (9679), S. 1958-65.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Links[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]