Absaugung
Absaugen ist eine Bezeichnung für das Entfernen von Atemwegssekret oder aspirierten Stoffen mit einem Katheter aus den Atemwegen, meist mit Hilfe eines Absauggerätes, das den erforderlichen Unterdruck erzeugt. Während der Absaugung kann ein negativer Druck von bis zu - 80 mbar aufgebaut werden.
Patienten müssen abgesaugt werden, wenn der Selbstreinigungsmechanismus der Atemwege gestört ist. Das betrifft bei einer Hypersekretion das Bronchialsekret selbst, bei einer Aspiration den Fremdkörper. Ferner wird eine Bronchialtoilette bei Intubation, Tracheotomie und schweren Erkrankungen (Bewusstlosigkeit, Lähmungen, allgemeiner Schwächung, Aspiration) nötig. Es geht immer um das Freihalten der Luftwege im Sinne der Aufrechterhaltung einer guten Oxigenierung (Sauerstoffversorgung des Blutes = pO2) und um die Vermeidung pulmonaler Komplikationen wie Atelektasen und die Aspirationspneumonie.
Abgesaugt wird mit atraumatisch ausgerüsteten Absaugkathetern (Katheter), anderen speziellen Absaugkathetern und auch (bronchoskopisch). Für alle Absaugvorgänge braucht man Vakuum, das mittels eines Absauggerätes erzeugt wird.
Allgemeine Hinweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Beim Absaugen ist insbesondere Folgendes zu beachten:
- Das Absaugen so schonend wie möglich vornehmen, da es für den Patienten mit Schmerzen, massiver Atemnot und Erstickungsängsten verbunden ist und als äußerst bedrohlich empfunden wird.
- Absaugen reizt die Schleimhäute und regt die Schleimproduktion an:
- --> Je häufiger abgesaugt wird, desto mehr Sekret wird produziert! (Circulus Vitiosus). Daher sollte das Absaugen nicht routinemäßig erfolgen.
- Aseptisches und atraumatisches Arbeiten sind Grundvoraussetzungen beim Absaugen
Formen des Absaugens[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Orales Absaugen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Beim Absaugen von Atemwegssekret oder aspirierten Stoffen durch den Mund kann leicht Brechreiz ausgelöst werden, daher sollte nur die Mundhöhle abgesaugt werden.
Transnasales Absaugen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Das Absaugen von Atemwegssekret oder aspirierten Stoffen durch die Nase ist die geeignetere Methode für das Absaugen aus dem Rachenraum.
Endotracheales Absaugen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Das Absaugen von Atemwegssekret oder aspirierten Stoffen aus der Luftröhre wird in der Regel über einen Endotrachealtubus oder eine Trachealkanüle durchgeführt.
Bronchoskopisches Absaugen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Atemwegssekret oder aspirierte Stoffe werden mit einem Endoskop während der Bronchoskopie (Spiegelung der Atemwege) abgesaugt.
Subglottisches Absaugen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Beim endotracheal intubierten Patienten sammelt sich oberhalb des Cuffs Sekret, das zahlreiche Bakterien enthält. Diese Bakterien können durch sog. Mikroaspirationen am Cuff vorbei in das Bronchialsystem gelangen und Entzündungen hervorrufen. Daher sollten die angesammelten Sekrete regelmäßig entfernt werden.
Eine neue Meta-Analyse bestätigt nun auch die signifikante Reduktion von Beatmungspneumonien. [1]
Bronchiallavage[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Eine Bronchiallavage kann bei sehr zähem oder blutig-borkigen Brochialsekret durchgeführt werden. Hierbei werden vor dem Absaugen 5-10ml sterile NaCL-Lösung in des Tubus oder Trachealkanüle verabreicht um das Brochialsekret aufzuweichen. Nachteile:
- Unangenehm für wache Patienten
- Hustenreiz
- Erstickungsgefühl
- Gefahr der Auswaschung von Surfactant
Parastomalles Absaugen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Neben dem Stoma Absaugen.
Geschlossene Absaugsysteme[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Beim beatmeten Patient werden in der Regel geschlossene Systeme zum Absaugen verwendet.
Datei:GeschlosseneAbsauge.png Diese Systeme werden zwischen einem Endotrachealtubus bzw. einer Trachealkanüle und dem Beatmungsgerät eingesetzt. Den nötigen Sog erzeugt eine Vakuumanlage. Geschlossene Systeme finden Anwendung bei Erkrankungen, bei denen die Patienten mit hohen Beatmungsdrücken beatmet werden und ein PEEP-Verlust verhindert werden soll (zum Beispiel beim ARDS.
Die Indikationen zur geschlossenen endotrachealen Absaugung haben ihre Begründung in der Beatmungstherapie und der Hygiene. Sie basieren letztendlich auf dem Krankheitsbild.
Indikation[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
- Massive respiratorische Insuffizienz und invasive Beatmung (z.B PEEP >8mbar)
- FiO2 > 0,5
- Hämodynamisch instabil
- Hochfrequenz-Jet-Beatmung
- NO-Beatmung
- Infektionen z.B. HIV, Hepatitis C, Tuberkulose und multiresistente Keime
- Beatmung über 48 Stunden
- Beatmung mit einem PEEP > 6 mbar
- Erkrankungen wie zum Beispiel ALI, ARDS und Lungenödem
- Erhöhter Hirndruck ICP
- Bauchlagerung bzw. überdrehte Lagerung
Durch die Verwendung des geschlossenen Absaugsystems können die Diskonnektionen bei aktiver Befeuchtung auf Wechselintervalle von 72 Stunden oder nach Bedarf begrenzt werden.
Vorteile[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Der Hauptvorteil der Geschlossenen Absaugung liegt darin, dass die Beatmung des Patienten während des Absaugens fortgeführt werden kann, dies führt dazu das ein ungewollter PEEP-Verlust verhindert werden kann, da das Beatmungssystem zum absaugen nicht diskonnektiert werden muss. Das Diskonnektieren bei Beatmungspatienten, kann unabhängig vom vorherigen PEEP zu einem kollabieren von Alevolaren führen, die dann erst wieder eröffnet werden müssen. Ein weitere wichtiger Vorteil des geschlossenen Absaugsystems ist der deutliche Hygienevorteil gegenüber der offenen Absaugung, da das durch Kreuzinfektionen verursachte Risiko einer nosokomialen Infektion deutlich gesenkt wird. Dies ist so zu erklären, dass der Absaugkatheter in seiner sterilen Verpackung verbleibt und, abgesehen von der Installation, keinen Umweltkontakt hat.
Bei Verwendung von HME-Filtern werden keine Bakterien und Viren frei gesetzt; das Personal ist vor Kontamination geschützt. Geschlossenes Absaugen ist schneller und weniger aufwendig durchzuführen als das offene Absaugen und ermöglicht Absaugung auch bei extremen Lagerungen (z.B Bauchlagerung) und wird vom Patienten besser toleriert. Außerdem wird die Müllmenge reduziert und dadurch Kosten gespart.
Nachteile[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
- Hohes Gewicht am Tubus bzw. Trachealkanüle
- Hohe Kosten des Systems
- Bewegungseinschränkung
Beim geschlossenen Absaugen ist zu beachten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Grundvoraussetzung ist das aseptische und atraumatische Arbeiten. Zu berücksichtigen ist, dass Absaugen eine Belastung für den Patienten bedeutet und als unangenehm empfunden wird.
- Patienten über Maßnahme informieren, dies gilt auch bei beatmeten Patienten.
- Hände desinfizieren, Schutzkleidung anlegen (z.B. Brille, Mundschutz und Handschuhe, da Gefahr der Diskonnektion besteht).
- Absaugen nur nach Notwendigkeit, nicht routinemäßig.
- Auf die Präoxygenierung kann verzichtet werden.
- Sog auf -0,4 bar begrenzen, um einer Atelektasen-Entstehung vorzubeugen.
- Absaugkatheter ohne Sog vorschieben, bis Widerstand auftritt.
- Sog durch Drücken des Saugventils auslösen und Katheter vorsichtig in die Ausgangslage zurück ziehen.
- Verbindung zum Tubus oder Trachealkanüle mit einer Hand fixieren, da Gefahr der Diskonnektion besteht.
- Spritze mit 5-10ml steriler NaCL 0,9% Lösung am Spülzugang aufsetzen, Saugventil drücken und Kochsalzlösung langsam einspritzen, um Katheter durchzuspülen.
- Bei tracheotomierten Patienten auf die Katheterlänge achten.
- Wenn vorhanden, Pulsoxymetrie beachten.
- Beim Absaugen muss eine Hypoxämie vermieden werden.
Vorbereitung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Material[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
- Absauggerät
- Mundschutz, Brille und Handschuhe zum Eigenschutz
- Sterile Absaugkatheter in verschiedenen Größen (10-16 Charriere / 3 Ch. = 1 mm)
- Sterile Fingertips (Zwischenstücke mit kleiner Öffnung, mit der der Sog reguliert werden kann)
- Aqua zum Durchspülen des Schlauchsystems nach Beendigung des Absaugvorgangs.
- Bei Bedarf HME-Filter, Gänsegurgel oder Feuchte Nase wechseln, da sich die Poren vom Filter verschließen können und dadurch eine erhöhte Atemarbeit entsteht.
- Sterile Handschuhe
- Desinfektionsmittel
- Mülleimer
Atraumatische Katheter[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Die 4 seitlichen Öffnungen (Augen) an der Katheterspitze verhindern das Festsaugen des Katheters an der Luftröhrenwand. Der Absaugkatheter besitzt eine atraumatisch abgerundete Katheterspitze, die Verletzungen der Luftröhre ausschließt. Durch den Luftstrom, der um den Wulst an der Katheterspitze entsteht, wird eine gleichmäßige Absaugung des Sekrets erreicht. Diese Katheter werden unter Sog eingeführt, um schon "nach oben" befördertes Sekret nicht wieder "hineinzuschieben".
Konventionelle Katheter[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Die Katheterspitze konventioneller Absaugkatheter ist vorne geöffnet, seitlich davon befinden sich in der Regel zwei zusätzliche Öffnungen. Die Katheterspitze ist ebenfalls atraumatisch abgerundet, es fehlt die Wulst, die den Luftstrom umlenken soll.
Größe der Absaugkatheter[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Außendurchmesser des Katheters soll halb so groß sein wie der Innendurchmesser des Tubus bzw. Trachealkanüle. Gefahr durch zu große Katheter ist die Atelektasen Entstehung.
Durchführung endotracheales Absaugen mit offenem System[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
- Absaugkatheter auf das Zwischenstück (Fingertip) aufstecken und zunächst in der Packung belassen
- Sterile Handschuhe anziehen (lt. KRINKO-Empfehlung)
- Zwischenstück aufnehmen, Absaugkatheter aus der Hülle gleiten lassen und mit der sterilen Hand schlaufenförmig fassen um eine Kontamination zu verhindern.
- Handschuhpapier als Unterlage zum Ablegen des Beatmungsschlauches verwenden.
- Absaugkatheter über den Tubus oder die Trachealkanüle je nach Katheter mit oder ohne Sog einführen und langsam bis zum aufkommenden Widerstand vorschieben, dann den Absaugkatheter mit Daumen und Zeigefinger hin und her kreisen lassen (nicht "rühren"!) und währenddessen langsam zurück ziehen.
- Das Absaugen muss aseptisch erfolgen, jedesmal wird ein neuer Absaugkatheter verwendet.
- Vorgang darf nicht länger als 10 bis 15 Sekunden dauern.
Durchführung bei analgosedierten Patienten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
wie oben beschrieben, zusätzlich Mundpflege durchführen um eine Keimverschleppung zu reduzieren.(Prävention ventilator-assoziierter Pneumonien)
- Patienten über Maßnahme informieren, dies gilt auch bei beatmeten Patienten.
- Patient ca. drei Minuten mit 100% Sauerstoff präoxygenieren.
- Oberkörperhochlagerung 30°
- Beatmungsbeutel und Maske in greifbarer Nähe haben.
- Magensonde unterhalb des Magenniveaus positionieren.
- Nach ärztlicher Anordnung den PEEP > 5 mbar schrittweise reduzieren.
- Sedierungstiefe anpassen.
- Cuffdruckkontrolle.
- Auskultation der Lunge
- Hände desinfizieren, Schutzkleidung anlegen (z.B. Brille, Mundschutz und Handschuhe).
- Kurz vor dem Absaugen Respiratoralarme vorübergehend unterbrechen.
- Nach Beendigung des Absaugens Reaktivierung des Alarms und Überprüfung der Beatmungsparameter am Respirator.
- Während des Absaugens Monitoring und Klinik des Patienten beobachten.
- Cuffdruckkontrolle. (15-25mmHg oder nach Klinik)
- Auskultation
- Hände und Stethoskop desinfizieren
- BGA-Kontrolle.
Merke: Ein Absaugintervall darf nie länger als 20 Sekunden dauern, da während des Absaugens keine Oxygenierung statt findet. Die Häufigkeit und Dauer des Absaugens hängt von der Menge und Beschaffenheit des Sekrets ab.
Nasales und orales Absaugen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
- Patienten über die Maßnahme informieren und ggf. beruhigen
- Oberkörperhochlagerung 30°
- Mundpflege durchführen, um eine Keimverschleppung zu reduzieren.
- Das nasale Absaugen ist zu bevorzugen, dazu ggf. Gleitmittel verwenden.
- Bei Bedarf Sauerstoffgabe
- Wenn eine Magensonde vorhanden ist, diese unter Magenniveau aufhängen, damit Erbrochenes besser ablaufen kann.
- So schonend wie möglich absaugen, um eine Schleimproduktion nicht zu begünstigen.
Komplikationen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
- Nosokomiale Infektion der Atemwege wird begünstigt durch unsteriles Absaugen und häufiges Diskonnektieren des Schlauchsystems.
- Hypoxie
- Trauma der oberen und unteren Atemwege durch den Katheter z.B Bronchoskopisch sichtbare Läsion.
- Vagusreizung und dadurch verursachte Rhythmusstörungen u.a. Bradykardie, Arrhytmie und im Extremfall Asystolie.
- SpO2 Einbruch unter 90%, daher immer Pulsoxymetrie beachten.
- Bei Patienten mit Krampfneigung kann durch das Absaugen ein Anfall ausgelöst werden, daher sollten entsprechende Bedarfsmedikamente in Reichweite sein.
Trachealsekret einschicken[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Zur mikrobiologischen Untersuchung das Trachealsekret in ein steriles Röhrchen absaugen. Bei zähem Trachealsekret mit 5-10ml NaCl 0,9% spülen.
Nachsorge[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
- Das Schlauchsystem mit Aqua durchspülen.
- Gebrauchten Absaugkatheter um die Hand wickeln, Handschuh darüber ziehen und entsorgen.
- Geschlossenes Auffanggefäß bei Erreichen der Füllmarke entsorgen.
- Wechselintervall vom Schlauchsystem und Aqua alle 24 Stunden.
Dokumentation[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Dokumentiert werden:
- der Zeitpunkt, die Dauer und Häufigkeit des Absaugens.
- Menge, Farbe, Konsistenz und Beimengungen des Sekrets
- das Befinden des Patienten während und nach der Maßnahme
Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
- A. Herrmann, H. Palte (Hrsg.): Leitfaden Häusliche Pflege. 2. Auflage, Elsevier München 2008
- S. Schewior-Popp, F. Sitzmann, L. Ullrich (Hrsg.): Thiemes Pflege. Das Lehrbuch für Pflegende in Ausbildung. Georg Thieme Verlag, Stuttgart 2009
- Larsen Anästhesie und Intensivmedizin ISBN 978-3-540-72273-1
Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Links[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
- Bronchialsekret: [1]